Samstagskolumne Peter J. König 02.12.2017

Wie weit muss CSU-Minister Schmidt neben der Spur gestanden haben, als er die SPD zu dem jetzigen Zeitpunkt so vor den Kopf schlug? 

Verantwortung, das Grundgesetz und das Einhalten von Koalitionsverträgen scheint in Berlin bei führenden Ministern und Politikern keine Rolle mehr zu spielen. Jüngstes Beispiel ist der Alleingang von Agrarminister Christian Schmidt von der CSU, der bei der Abstimmung über die Verlängerung der Zulassung des Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat in Brüssel jegliche Einwände ignorierte und selbstherrlich die Zustimmung erteilte, die das Unkrautgift für weitere 5 Jahre innerhalb der EU zulässt. Vorausgegangen war ein monatelanges Tauziehen zwischen den einzelnen EU-Staaten, wobei quasi eine Hälfte für das Verbot von Glyphosat stimmte, während die andere Hälfte das Vernichtungsmittel weiterhin in der Natur akzeptieren wollte.

Bisher hatte die Bundesrepublik Deutschland ihre Entscheidung auf Eis gelegt, denn die wissenschaftliche Einschätzung ob dieses Unkrautgift krebserregend ist, gestaltete sich völlig kontrovers. Naturschützer, Umweltverbände, Ministerien und Industrielobby und natürlich auch der Hersteller des Giftes der Konzern Monsanto, der mit der Bayer AG, Leverkusen im Jahr 2016 fusioniert hat, sie alle haben Gutachten erstellen lassen. 

Bayer-Monsanto ist als neues Unternehmen mittlerweile der mit Abstand größte Hersteller von Unkrautvernichtungsmittel, wozu an der Spitze Glyphosat steht, von dem nicht eindeutig erwiesen ist, dass es nicht krebsschädigend über die Nahrungskette auf den Mensch wirkt. Interessanterweise haben gerade diese Gutachten, die von der Industrie vorgelegt wurden, eine mögliche Krebskrankheit kategorisch ausgeschlossen, während andere wissenschaftliche Arbeiten die von neutraler, nicht lobbyverdächtiger Seite bemüht wurden, eine solche Krebsgefahr sehr wohl nachgewiesen haben. 

Soweit die völlig gegensätzlichen Einschätzungen der Fachleute, die doch gewisse Zweifel aufkommen lassen, ob die Abwägung von Gutachten überhaupt zur richtigen Problemlösung beiträgt, wenn auf der einen Seite milliardenschwere Unternehmen stehen, die ihre Umsätze und Gewinne dahinschwinden sehen, während auf der anderen Seite die Gesundheit von Menschen in der ganzen Welt in Frage gestellt wird, deren Lobby quasi gleich null ist und die einen Schutz allein von der Politik erwarten kann. Abgesehen davon, dass dieser Schutz geradezu ein wachsweicher ist, Schmiergeld-Affären hat es immer wieder bis in die höchsten Kreise, sprich Bundesministerien gegeben, die Rüstungsindustrie lässt grüßen, hat die Causa Glyphosat neben der mehr als bedenklichen unterschiedlichen gesundheitlichen Einschätzung, durch die Entscheidung von Minister Schmidt ein erhebliches politisches Erbeben ausgelöst.

Schmidt hat gegen die Weisungsbefugnis der Kanzlerin, gegen das Veto seiner Kabinettskollegin Hendricks und gegen die Warnung von Kanzleramtschef Peter Altmeier im Alleingang gehandelt und für Deutschland dem weiteren Einsatz von Glyphosat in der EU zugestimmt. Dies ist in jeder Hinsicht ein ungeheuerlicher Vorgang und abgesehen von dem gesundheitlichen Risiko ist der politische Schaden zu bewerten, und natürlich die Frage: Wie weit ist es einem geschäftsführenden Minister erlaubt, eigenmächtige Entscheidungen für das Land zu treffen, die in der Vorgehensweise gegen die Vereinbarung im Koalitionsvertrag stehen und die Weisungsbefugnis der Kanzlerin, die im Grundgesetz klar definiert ist, einfach zu übergehen?

Der Koalitionsvertrag weist ausdrücklich darauf hin, dass bei unterschiedlichen Entscheidungen von CDU und SPD in allen Fragen, die konsensual in der Regierung entschieden werden müssen, man sich auf Enthaltung geeinigt hat, wenn es nicht doch noch zu einem Einvernehmen kommt. Und dies war hier eindeutig der Fall. Umweltministerin Barbara Hendricks von der SPD hat unmissverständlich in mehreren Gesprächen mit Agrarminister Christian Schmidt(CSU) deutlich gemacht, dass sie ein weitere Zustimmung für Glyphosat ablehnt, da sie den unbedenklichen Gutachten der Industrie-Lobby nicht traue und das Gefährdungspotential einfach als zu großes Risiko sehe. 

Minister Schmidt hat dies anders gedeutet, warum auch immer, ihm scheint mehr das Wohl von Bayer& Monsanto am Herzen gelegen zu haben, als die Gesundheit von vielen Millionen Menschen. 

Ungeachtet dieser inhaltlichen Einschätzung hat er mit seiner eigenmächtigen Entscheidung nicht nur gegen den Koalitionsvertag verstoßen, er hat auch die Weisungsbefugnis der Kanzlerin ignoriert, die durch ihren Kanzleramtsminister noch wenige Stunden, bevor Schmidt seine Entscheidung nach Brüssel weiterleiten ließ, per Telefonat auf eine Enthaltung in Sachen Glyphosat drängte, so wie es die vereinbarte tägliche Praxis vorsieht. 

All dieses hat Minister Schmidt nicht an seinem Vorhaben gehindert, auch die Tatsache nicht, dass bei der äußerst schwierigen Bildung einer neuen Koalitionsregierung mit der SPD, diese geradezu umgepflügt würde. Als politischer Beobachter steht man nur kopfschüttelnd da und fragt sich, was ist in Berlin los, wieviel Verantwortung tragen diese gewählten Volksvertreter eigentlich noch für dieses Land, und welche Glaubwürdigkeit geht von den Ministern und Abgeordneten noch aus? 

Diese politische Affäre hat eindeutigen Schaden hinterlassen, von dem wir bisher noch gar nicht wissen, wie groß er sein wird. Doch dazu etwas später. Zunächst muss noch einmal hinterfragt werden, wieso Schmidt diesen Alleingang überhaupt gewagt und welche Konsequenz er daraus gezogen hat? Die Gründe des Handelns hat der Minister dargelegt, er hat auf das alleinige Entscheidungsrecht seines Ministeriums verwiesen. Da war selbst die Kanzlerin anderer Meinung, was natürlich auf ein deutliches Auseinandertriften der Regierung hinweist. Wenn ein Minister gegen den ausdrücklichen Willen der Kanzlerin eigene Entscheidungen trifft, dann muss die Frage erlaubt sein, in welchem maroden Zustand der Machtapparat im Kanzleramt eigentlich ist? 

Unterstrichen wird dies noch durch die Tatsache, dass es keinerlei Konsequenzen seitens der Regierungschefin gab, außer ein paar zurückhaltenden Unmutsäußerungen, die eher als Beschwichtigungsformeln daherkamen. Normalerweise hätte Schmidt von selbst seinen Hut nehmen müssen, wenn er den nötigen Anstand besessen hätte, ansonsten von einer selbstbewussten Kanzlerin entlassen, die Führungsfähigkeit damit signalisiert. Aber die Zeiten sind nicht normal und doch wäre es angebracht gewesen, Umweltministerin Hendricks und damit die ganze SPD nicht zu düpieren, hauptsächlich dann nicht wenn die CDU gewillt ist, von der CSU darf dies ebenso angenommen werden, mit den Sozialdemokraten eine neue Koalition einzugehen. 

Hier hat Merkel Schwäche gezeigt, eine Schwäche die sie noch sehr beschädigen wird, zumal der Versuch Jamaika auf den Weg zu bringen, ebenfalls kläglich gescheitert ist. Wer weiß, ob nicht gerade diese Aktion von CSU-Schmidt genau dazu gedient hat, diese Schwäche von Angela Merkel auszuloten, gerade da Seehofer in die Affäre eingeweiht war. Der bayrische Querulant kämpft gerade um sein politisches Überleben, da ist ihm jede Schandtat recht, die ihm Ansehen bei den Seinen bringt. Tatsache ist jedenfalls, dass die Handlungsfähigkeit dieser Regierung nur noch mühsam aufrechterhalten werden kann und dieses gibt wirklich zu denken. 

Es wird allerhöchste Zeit, dass eine neue stabile Regierung ans Ruder kommt. Doch wie soll das geschehen? 

Eine geschwächte Angela Merkel und eine verärgerte SPD, deren Basis sich äußerst schwer tut, noch einmal in eine große Koalition zu gehen, zumal sie gerade einen Vertrags- und Vertrauensbruch erlebt hat. Da ist noch überhaupt keine Koalition abzusehen. Und was den großen politischen Schaden für unser Land anbetrifft, da wird sich in den nächsten Tagen zeigen, welche Lawine ein Minister aus Bayern losgetreten hat, ob bewusst, genötigt oder unbewusst. Nichts ist sicher, keine Koalition mit der SPD, keine Minderheitsregierung toleriert durch die SPD, was letztendlich grober Unfug wäre, bei einer Gemengelage wie soeben gerade erlebt. 

Und ob die Grünen zusammen mit der FDP eine schwarze Minderheitsregierung in den entscheidenden Fragen stützen würden, gleicht eher einem Lotto-Spiel als einer handlungsfähigen Regierung. Blieben also nur noch Neuwahlen. Und da wird es noch unsicherer. Zum einen zeigen die aktuellen Umfragen, dass das Wahlergebnis sich momentan nicht gravierend verändern würde, die Parteien stünden praktisch vor dem gleichen Dilemma eine Regierung zu finden. Allerdings gibt es noch eine weitere Variante einer Neuwahl, die im Ergebnis einen weiteren Rechtsruck bei den Wählern sieht und der AfD 20% und mehr beschert. Und wo kommen die Stimmen her? 

Überwiegend von CDU und SPD, es ist sogar zu erwarten, dass selbst die kleinen Parteien, also Grüne, FDP und Linke dann auch noch mehr Stimmen bekommen, gespeist durch das Abschmelzen der beiden Volksparteien. Was passiert eigentlich wenn Rechtsaußen die zweitstärkste Kraft im Bundestag wird, und dies durch Neuwahlen weil ein Minister Schmidt die Parteibasis der SPD derart gegen eine große Koalition aufgebracht hat, dass sie selbst durch ihre Parteiführung und den Bundespräsident, der ja bekanntlich seine SPD-Zugehörigkeit solange er im Amt ist ruhen lässt, dass also die Genossinnen und Genossen im Land, die ja letztendlich über die Koalition entscheiden sollen, einfach nein sagen? Wie sieht unser Parlament aber auch unser Land dann nach Neuwahlen aus? 

Aus einem schleichenden Rechtsradikalismus wird offener Nationalismus. Ohne wieder einmal das Ende der Weimarer Republik übermäßig zu bemühen, die Anzeichen wären ziemlich ähnlich, so das Erstarken der Nazis, wobei dann eine AfD durch Höcke und Konsorten keinerlei Skrupel mehr haben würden, Hitler und den Seinen nachzueifern. Große Volksparteien gibt es dann nicht mehr, diese Geschrumpften können froh sein, wenn sie alle gemeinsam mit den anderen Kleinen irgendwie noch eine absolute Mehrheit zu einer Regierungsbildung zusammen bekommen. Und die Rechten würden versuchen selbst eine Mehrheit für eine Regierung zu erreichen, indem sie allerlei Verlockungen unter die kleinen Parteien streuen. Dies sind wahrlich keine rosigen Aussichten, Demokratie ade.

Und sagen Sie nicht, dass dies reine Utopie ist. Es gibt keinerlei Gewähr, dass es in Deutschland oder in jedem anderen Land auf der Erde nicht zu Diktaturen kommen kann. Diese Gefahr besteht immer, sie ist nur dort geringer wo stabile demokratische Strukturen vorhanden sind, die frühzeitig sich gegen solche Entwicklungen wehren. Und dies sollten wir uns zu Herzen nehmen. Eine stabile demokratische Regierung ist immer in der Lage den labilen, rechtslastigen Teil einer Bevölkerung aufzufangen, sei es durch eine vernünftige Sozialgesetzgebung, gepaart mit der Absage an jede neoliberale Entfesselung, durch Abbau alles erstickender Bürokratie und einem fairen Ausgleich zwischen Arm und Reich, wobei die Nicht-Privilegierten durchaus das Gefühl haben sollen in einem Land zu leben, das ihnen eine Lebensperspektive bietet und sie nicht glauben, den Rattenfängern von rechts nachlaufen zu  müssen. Gerade jetzt, wo es dem Land wirtschaftlich im Allgemeinen gut geht, ist es wichtig, genau für die soeben beschriebenen Perspektiven für alle die Weichen zu stellen. 

Damit dies stattfinden kann, müssen die demokratischen Parteien einander respektieren, vertrauen und aufeinander zugehen. Partei-Profil ja, Partei-Neurose nein. Dann klappt dies auch mit einer "anständigen" Regierung. Ein Minister Schmidt ist dann nicht mehr vonnöten, der eignet sich ja auch viel besser für einen Posten als Landrat in einem bayrischen Landkreis, wo das einsame Entscheiden eines autoritären Mannes noch hohes Ansehen genießt. 

Peter J. König  

Samstagskolumne Peter J. König 25.11.2017

Die Zukunft wird zeigen, welchen Bärendienst Lindner der FDP und Deutschland erwiesen hat.

Knapp eine Woche nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche von CDU, CSU, FDP und Grüne ist zwar das Procedere jedem in Deutschland bewusst, bekanntlich hat sich ja Lindner mit seiner FDP bevor es ernst wurde und Farbe bekannt werden sollte "vom Acker gemacht". Die wahren Gründe liegen trotz vielfacher Erklärungen der Neo-Liberalen jedoch total im Dunkeln. 

Grundsätzlich muss gesagt werden, dass die Verhandlungen, die ja zunächst der Sondierung dienen sollten, von politischen Beobachtern mehr als konfus wahrgenommen wurden. Neben der fast fünfwöchigen Dauer war es die mediale Begleitmusik, die für Verwirrungen und Spekulationen sorgte. Man hat den Eindruck gewonnen, dass es sich um zwei parallel verlaufende Verhandlungsmuster gehandelt hat, einmal hinter verschlossenen Türen in der Parlamentarischen Gesellschaft mit den scheinbar konsensualen Bildern auf dem Balkon, daneben die verbalen Attacken in der Presse oder auch bei einzelnen Interviews im Fernsehen. 

Hier haben sich die verhandelnden Politiker nichts geschenkt, hier wurde ausgeteilt ohne Rücksicht auf die nächste Verhandlungsrunde. Ein konstruktiver Wille eine Koalition zustande zu bringen sieht wahrlich anders aus. Neben allen taktischen Spielchen, die bei solchen Gesprächen üblich sind, jede Partei möchte ja ihren Wählern zeigen, dass sie durchsetzungsfähig und möglichst viel von ihnen im Koalitionspapier wiederzufinden ist, scheint aber dieses Mal besonders viel Störfeuer verbreitet zu sein, allein schon um zu zeigen, dass man mit diesem oder jenem Politiker der anderen Parteien außer einer Zigarette auf dem Balkon nichts gemeinsam hat. 

Und doch wurde bei den Fernsehauftritten der vier Generalsekretäre nach jeder Runde der Eindruck vermittelt, man nähere sich Schritt für Schritt Jamaika an, wenn auch mit gelegentlichem Bauchgrummeln. Und nur noch einmal zur Erinnerung, wir hatten es hier nicht mit abschließenden Koalitionsverhandlungen zu tun, es ging zunächst darum, festzustellen, ob die Vier überhaupt miteinander können, oder ob die jeweiligen politischen Vorstellungen so weit voneinander entfernt sind, dass eine gemeinsame Regierung ausgeschlossen ist. 

Warum hat man nicht zunächst einmal versucht zu ergründen, ob neben allen politischen Unterschieden die verantwortlichen Akteure überhaupt miteinander kompatibel sind und eine gemeinsame Vertrauensbasis aufbauen können, ohne die ein solches Bündnis weder zustande kommen kann, noch eine Zukunft hat? Dazu wären wirklich keine 5 Wochen notwendig gewesen und den detaillierten Verhandlungsmarathon hätte man sich sparen können. 

So hat man verhandelt und verhandelt, ohne dass ein tragendes Fundament vorhanden war, auf dem man anschließend erfolgreiche Koalitionsverhandlungen hätte aufgebaut. Außenstehenden wurde der Eindruck vermittelt, dass trotz zahlreicher Klammern in den Verhandlungspapieren, diese sollten die strittigen Punkte markieren, die Sondierung langsam aber stetig zu einem erfolgreichen Ende gebracht werden würde. Und da, wo die Unterhändler der einzelnen Parteien keinen Kompromiss hinbekommen haben, schien dann jeweils die Runde der Verhandlungsführer für einen Fortgang der Gespräche zu sorgen. So jedenfalls der öffentliche Eindruck, trotz aller verbalen Attacken in den Medien. 

Der Paukenschlag kam dann am letzten Sonntagabend, als Lindner völlig überraschend mit seiner Delegation vor die Mikrofone an der Baden-Württembergischen Landesvertretung, dem aktuellen Verhandlungsort, hintrat und der versammelten Journalistenschar erklärte, die Sondierungsgespräche seien ihrerseits erfolglos beendet, sprach´s, indem er ein vorbereitetes Papier vorlas und dann mit Kubicki in eine vorgefahrene Limousine einstieg, während seine Delegationsmitglieder frierend auf einzelne Taxis warteten. 

Die gesamte Presse hat zu diesem Zeitpunkt auf die Nachricht spekuliert, die die meisten deutschen Wähler präferiert haben, nämlich das Zustandekommen einer wegweisenden Koalition von CDU, CSU, FDP und Grünen. Aber Lindner hat nach verschiedenen Aussagen anderer Koalitionswilligen im letzten Moment, wo eine Einigung unmittelbar vorzustehen schien, die Sache platzen lassen. 

Ratlosigkeit und Verärgerung waren das Ergebnis bei den restlichen Beteiligten, zumal sie alle erkennbar einen Erfolg der Sondierung mit anschließenden Koalitionsgesprächen haben wollten. Allen ist klar, auch der FDP, dass sich die Regierungsbildung fast unmöglich gestaltet, wenn sowohl die SPD, als auch die Liberalen sich einem Bündnis verweigern. Schulz hatte ja schon am Abend des 24.Septembers unmittelbar nach der Wahl mit dem schlechtesten Ergebnis jemals für seine Partei kategorisch ein erneutes Bündnis mit der CDU abgelehnt. So ist es zu dem Versuch von Jamaika gekommen, zumal auch die beteiligten vier Parteien grundsätzlich sich eine solche Regierung vorstellen konnten. Dass die Verhandlungen nicht leicht werden würden, war allen klar. Klar war auch allen, dass mit dem Einzug der AfD ins Parlament andere Zeiten angebrochen waren, in denen es gilt den Rechtsradikalen entschlossen entgegen zu treten.

Dies ist in erster Linie nur mit einer stabilen Regierung möglich, wo aufrechte Demokraten sich der nationalistischen Gefahr entgegenstellen. Und nun dieses: "Lindner macht die Biege", und keiner weiß so recht weshalb überhaupt. Zwar haben er und Kubicki bis heute sehr wortreich erklärt, warum sie ein solches abruptes Ende der Sondierung beschlossen haben, geglaubt hat dies so recht eigentlich niemand. . Da war von mangelndem Vertrauen die Rede, von nicht erkennbaren FDP-Politikfeldern und fehlendem Respekt ihm und seinen Mitstreitern gegenüber. Natürlich konnte Lindner nicht davon ausgehen, dass seine Positionen zu 100% von den anderen Koalitionären akzeptiert werden würden. Dies wäre geradezu blauäugig und vermittelt doch eher den Eindruck, dass es dem FDP-Vorsitzenden an Realismus fehlt. 

Viel schlimmer wäre es allerdings, wenn er in Anbetracht der neuen Lage im Bundestag allen möglichen taktischen Spielchen dem Verantwortungsbewusstsein den Vorrang gegeben hätte und ihm nicht klar gewesen ist, worum es bei den Verhandlungen eigentlich ging, nämlich zuerst dem Land und seinen Menschen zu dienen, im Anbetracht der prekären Lage durch die Gefahr des Rechtsradikalismus und des weiter keimenden Nationalismus hierzulande. Da ist es nicht möglich, allein die Interessen der eigenen Klientel im Auge zu haben. Hier ist Staatsräson gefordert, zumal wenn man liberal sein will und die Augen vor der rechten Gefahr nicht verschließt. 

Was von der AfD zu erwarten ist, haben jüngst die beiden ersten Sitzungstage im Parlament gezeigt. Ihr Redner hat sich gebärdet wie einst die NSDAP im alten Reichstag, mit Einschüchterungsversuchen und verbalen Attacken gegenüber Rednern anderer Parteien, wobei zum Entsetzen aller die Parlamentsmitglieder der AfD sich feixend und grölend hinter ihren rechtsradikalen Schreier gestellt haben. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sah sich daraufhin gezwungen den Ältestenrat des Bundestags einzuberufen, um zukünftig solche antidemokratischen Vorkommnisse grundsätzlich unterbinden zu können. 

Lindner scheint von alldem unbeeindruckt zu sein, ihm geht es darum seine verkappten, neoliberalen Ideen umzusetzen. Schon bei der Wahl hat er sich nicht gescheut, die Themen wie Bildung und Digitalisierung auf seine politische Agenda zu setzen, damit er nicht wie bei der letzten Wahl 2013 allein mit seinen neoliberalen Wählern Schiffbruch erleidet an der 5% Hürde. 

Deshalb mussten die eher allgemein verdaulichen Themen her, mit denen man auch im Teich der CDU ordentlich fischen kann. Dann zusätzlich noch ein gehöriges Maß an Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik und schon hat man dank rechter CDU-Wähler, die sich nun bei der FDP besser aufgehoben fühlen, genügend Stimmen zusammen, um wie Phoenix aus der Asche mit 10,7% viertstärkste Kraft nach CDU, SPD und AfD zu sein. So etwas macht einen Herrn Lindner stark. Da außer Kubicki ohnehin sonst keiner in der Partei viel zu sagen hat, musste es so kommen wie es gekommen ist. 

Mögen Lindner und Kubicki auch unzufrieden mit dem Umsetzen ihres Parteiprogramms bei den Sondierungen gewesen sein, den Ausschlag zum Abbruch der Verhandlungen gab ganz banal, doch sehr bezeichnend das Interview, das Trittin letzten Sonntag in der Bild-Zeitung gegeben hatte. Wie immer hat er Lindner attackiert, nicht genügend ernst genommen und durchblicken lassen, was er von ihm hält. Schon morgens stürmte Lindner mit der Bild unter dem Arm in die Baden-Württembergische Landesvertretung, wortlos und sichtbar sauer an allen Journalisten vorbei, denen er doch zuvor doch immer gerne seine neuesten Erkenntnisse in Sachen Sondierung mitgeteilt hat. 

Hier scheint der Knackpunkt zu liegen, denn anstatt sich wie geplant an diesem Sonntag zu einigen, gab es Irritationen, Gewürge und zeitweise Ablehnung seitens Lindners bei den Verhandlungen und erst durch Zugehen der Kanzlerin auf den Schmollenden, indem sie ihn wieder an den Verhandlungstisch zurückbrachte, war es überhaupt möglich den Gesprächen noch eine Chance zu geben. Als Lindners Positionen dann auch noch zu gering gewürdigt wurden, immerhin ist man ihm in Sachen Soli schrittweise entgegen gekommen, da stand für den FDP-Vorsitzenden das Scheitern der Verhandlungen fest. Der Rest ist Geschichte, die Geschichte vom erfolglosen, holperhaften Bemühen eine Jamaika- Koalition zustande zu bringen. Doch was kommt jetzt? 

Eines jedenfalls scheint ganz bestimmt zu sein. Lindner hat der FDP und Deutschland einen gewaltigen Bärendienst geleistet, wenn dies einige Medien auch nicht so sehen und ihm Weitblick bescheinigt wird. Abgesehen davon, dass er das Parteiinteresse über das Interesse unseres Landes gestellt hat, ist doch auch klar erkenntlich, dass es ihm um seine persönliche Befindlichkeit gegangen ist, auch wenn darin die Angst vor Angela Merkel und ihre fürsorgliche Umarmung bis hin zur politischen Unkenntlichkeit eine Rolle gespielt hat. 

Der Wähler wird die "Fahnenflucht" nicht honorieren, ganz im Gegenteil. Die FDP kann froh sein, wenn es nicht zu Neuwahlen kommt, nicht nur weil dann die AfD mit über 20% im Bundestag sein wird, wo dann weit und breit kein FDP-Abgeordneter mehr zu sehen ist, die 5% Hürde lässt grüssen. Ob dies so eintritt, hängt jetzt ganz allein von der SPD ab. Eine Minderheitsregierung durch CDU und Grüne ist zwar ein schönes intellektuelles Gedankenspiel von einigen Professoren der Politologie, real aber nicht wirklich durchführbar. 

Wie soll sich eine Minderheitsregierung bei der Fülle von Entscheidungen, die aus dem Inland, aus Europa und der Welt auf sie zukommt, jeweils Mehrheiten im Parlament suchen? Dies ist schon praktisch ein Unding. So schwer es auch Martin Schulz fällt, seine SPD muss nochmals in der ungeliebten "Groko" ran. Unterm Strich ist dies aber für die Sozialdemokraten gar nicht so schlecht. Sie zeigen Verantwortung für das Land, Flexibilität und können aus dieser Position heraus Angela Merkel einiges abfordern, um linke Positionen diesmal viel deutlicher zu machen, als in der letzten Regierung. Und wie so etwas richtig zu kommunizieren ist, dürften sie mittlerweile auch gelernt haben. Warum nicht regenerieren in Regierungsverantwortung? Ist doch weitaus besser, als ständig in der Opposition frustriert zu werden, zumal Angela Merkel auch nicht mehr die stärkste ist und ebenfalls Federn hat lassen müssen und der Gegenwind ihr immer stärker ins Gesicht bläst. Hier liegt die Chance der altehrwürdigen SPD auch in Hinblick auf eine zukünftige Regierung, denn wer weiß schon was nach Angela Merkel kommt. 

Gleichzeitig könnte man geballt gegen die Rechten antreten und wäre nicht von einem Leichtmatrosen namens Christian Lindner abhängig. 

Also liebe SPD, springt über euren Schatten, es wäre ja auch nicht das erste Mal, dass ihr für Deutschland politisch kämpft, um das abzuwehren, was immer nur Unheil bringt, überbordender Nationalismus gepaart mit Radikalität.

Noch ist Zeit dazu, und diese muss jetzt genutzt werden! 

 Peter J. König 

Samstagskolumne Peter J. König 18.11.2017

Wenn es nicht anders geht, sollte man sich von der verantwortungslosen Schwester trennen.  

Allmählich muss man sich mit der Frage auseinandersetzen: Sind unsere gewählten Volksvertreter noch in der Lage, dringend notwendige politische Probleme zu lösen, oder ergehen sie sich in Scheingefechte, um in der veränderten politischen Situation ihren Kopf zu retten?

Was in Berlin zurzeit abläuft, grenzt eher an ein hilfloses Trauerspiel, als an eine durchdachte problemorientierte Lösung in Hinblick auf ein demokratisches Ziel, nach der Bundestagswahl vor fast 2 Monaten mit dem Wahlergebnis eine stabile Regierung zu bilden. Und eine stabile Regierung, getragen von den 4 Parteien CDU, CSU, FDP und Grüne, die sich vor mehr als 4 Wochen zusammen gesetzt haben, um auszuloten, ob eine sogenannte Jamaika-Koalition möglich ist, wäre in diesen Zeiten mehr als wichtig. Die Probleme häufen sich, sowohl im In- als auch im Ausland.

Die Rechtsradikalen drohen unser Land systematisch in den Griff zu bekommen, betrachtet man alleine die Zahlen der Bundestagswahlen im September. Macron wartet dringend auf eine handlungsfähige deutsche Regierung, damit er gemeinsam mit Deutschland die Fülle von Problemen anpacken kann, die innerhalb der EU die Gemeinschaft zu sprengen drohen, aber auch als erstarktes, einiges Europa weit mehr Gewicht in die Weltpolitik zu bringen. Und was treiben die Politiker in Berlin, sie ergehen sich in parteipolitischem Gezänk, immer darauf achtend, dass sie ja nicht zu weit von ihren politischen Parolen abkommen, mit denen sie die Bundestagswahlen bestritten haben? Jeder vernünftig denkende Wähler weiß, dass eine Koalition nur dann zustande kommt, wenn die Koalitionswilligen auch bereit sind, Kompromisse einzugehen. Dies gilt übrigens auch allgemein für das ganze Leben, in der Familie, in der Ehe, bei Verträgen zwischen Firmen und zuvorderst in der Politik. Dass dies nicht immer leicht ist, versteht sich von selbst, aber damit Politik funktioniert, ist dies unumgänglich. 

Da kann doch die eine oder andere Partei nicht glauben, dass sie ihre Maximalforderungen zu 100% in das Koalitionspapier geschrieben bekommt. Und doch hat es den Anschein, dass der eine oder andere Parteivertreter dies so durchsetzen will, auf Biegen und Brechen, komme da was es wolle. Das funktioniert nicht, und der grüne Ministerpräsident Kretschmann hat zurecht verärgert vermutet, dass es auf Seiten der CSU keinen wirklichen Willen gibt, die Jamaika-Koalition mitzutragen, wenn ihre Forderungen nicht eins zu eins umgesetzt werden

Die CSU ist die einzige Partei der vieren, die ein enormes Problem hat, wirklich sachgerecht zu verhandeln. Alle anderen Parteien haben gezeigt, dass sie durchaus bereit sind, um eine stabile Regierung zu bilden, jeweils auf die anderen zuzugehen. Geradezu vorbildlich haben dies die Grünen praktiziert, die trotz Hardliner Trittin, im Sinne von Problemlösungen in Sachen Klimawandel und der Modernisierung und einer gerechteren Gesellschaft in unserem Land, keine Angst vor ihren dogmatischen Basisgruppierungen haben. Sie vertrauen darauf, dass es sinnvoller ist, zunächst mit einem würdigen Kompromiss in eine Jamaika-Regierung zu gehen, um dann verantwortungsvoll und weitblickend die Fülle von anstehenden Problemen pragmatisch durch Regierungshandeln zu lösen. 

Die FDP sieht dies ähnlich, so durch eine akzeptierte nur schrittweise Abschaffung des Solidarzuschlages, und selbst Angela Merkel hat signalisiert, dass sie durchaus bereit ist, sich in dem einen oder anderen Punkt zu bewegen, etwa bei der Frage des Familien-Nachzugs von bestimmten Flüchtlingsgruppen.

Allein die CSU bleibt hartleibig und nicht nur etwa aus Prinzip, wie man bei dem Sturkopf Seehofer vermuten könnte, die Gründe sind ganz fundamentale. Die nächsten Landtagswahlen in Bayern finden im Herbst 2018 statt, ein genauer Termin ist noch nicht festgelegt worden. Nachdem die CSU bei den Bundestagswahlen am 24.September 2017 nur ein äußerst mageres Ergebnis von 38,8% erzielt hat, im Gegensatz zu den Vorwahlen von 2013, wo die Partei einen Stimmenanteil von 49,3% erreichte, läuten nicht nur bei Seehofer die Alarmglocken, praktisch die gesamte CSU ist sehr dünnhäutig geworden. 

Dies zeigt sich ganz deutlich an den parteiinternen Machtkämpfen, die bereits seit der vergangenen Bundestagswahl ausgebrochen sind und die Seehofer vom Sockel holen sollen. Aber es ist nicht der übliche Diadochenkampf, etwa mit Söder, Ilse Aigner oder sonstigen selbsternannten Thronfolgern, dies hat es bei den Bayern schon immer gegeben und auch Stoiber hat es so das Amt gekostet. Dieses Mal ist es wirklich bedrohlich für die CSU, denn es gibt eine neue Partei mit der AfD, die auf Anhieb etwa 12% erhalten hat, relativ knapp hinter der SPD mit etwa 15%. Dabei haben die Rechtaußen in 16 Bundestagswahlkreisen die SPD vom zweiten Platz verdrängt. Und dies ist selbst für die selbstsicheren Granden der CSU zu viel. Ihr großer früherer Vorsitzende Strauss hat es ihnen eins in ihr Parteistammbuch geschrieben, dass es keine demokratische Partei in Bayern geben darf, rechts von der CSU. Und der alte polternde Fuchs wusste genau warum. Ganz allein um nicht die Übermacht einzubüßen, immerhin hatte die CSU von 1962 bis 1998 die absolute Mehrheit im Landtag, dank Strauss, die sie aber nach dessen Ableben verlor. 

Erst 2013 konnte sie durch Seehofer zurück erlangt werden. Franz Josef Strauss hat den Seinen klar gemacht, dass alle wesentlich rechten, ja rechtsradikalen Strömungen von der CSU eingefangen werden müssten, auch um sie so besser unter Kontrolle zu haben. Dies ist auch weitestgehend gelungen, denn weder die NPD noch die Republikaner haben nennenswerte Erfolge in Bayern oder auch in ganz Deutschland erreicht. Dass hierzulande ein nicht zu unterschätzendes rechtsradikales Milieu vorhanden ist, war gerade Strauss aber ebenso Helmut Kohl klar. Deshalb hat ihr Augenmerk auch immer darauf gelegen, diese Wählerschichten innerhalb der CSU und CDU zu binden. Dafür waren rechte Landsmannschaften und rechte Heimatverbände zuständig, die aber immer auch Teil der genannten Parteien waren. Es ist kein Zufall, dass die Rechte Erika Steinbach ihre neue politische Heimat bei der AfD gesucht hat, obwohl sie seit Jahrzehnten Bundestagsabgeordnete der CDU war. 

Es fällt auf, dass viele frühere, führende CDU-Politiker heute bei den Führungskader der AfD mitmischen, allen voran Alexander Gauland. Der Grund ist wesentlich bei Angela Merkel zu suchen. Sie hat die CDU von Mitte rechts nach Mitte links ausgerichtet und damit den Platz rechtsaußen freigegeben. Dieses Vakuum hat die AfD ausgefüllt mit sichtbarem Erfolg und zwar auf Anhieb. Im Zuge dieser Entwicklung haben auch die Bayern die äußerst rechte Seite vernachlässigt, ganz entgegen dem Vermächtnis ihres Übervaters Franz Josef Strauss. Mit dem Aufkommen der AfD und deren Abtriften ins rechtsradikale Milieu ergaben sich für diese Partei besonders in den neuen Bundesländern aber auch ganz speziell in Bayern neue erfolgsversprechende Möglichkeiten. Ihre eindeutigen einfachen und rechtsradikalen Parolen verfingen sich in weiten Kreisen der bayrischen Wähler, die bisher sich von der CSU vertreten fühlten, aber seit dem Abtriften von Frau Merkel über die Mitte nach links auch entsprechendes bei Seehofer und der Partei mutmaßten. Sie fühlten sich mit ihren rechtskonservativen Ideen von der CSU nicht mehr richtig vertreten und gaben deshalb der AfD ihre Stimme. 

Nicht umsonst schwelt schon seit vielen Monaten ein nicht zu übersehender Konflikt zwischen Seehofer und Merkel, der zum Teil in offene Feindschaft ausartete. Und genau hier liegen die Gründe zwischen den mittlerweile so ungleichen Schwestern. Zur Bundestagswahl wurde notdürftig noch einmal Einheit demonstriert, und in der so unterschiedlichen Flüchtlingsfrage ein mehr als fragwürdiger Kompromiss zusammen gezimmert, mit einer "atmenden Obergrenze", von der so keiner recht weiß, was dies eigentlich bedeuten soll, geschweige denn, wie dieses Konstrukt zu praktizieren ist. Viele der Rechtslastigen unter den Bayern haben diesem Verwirrspiel nicht geglaubt und sind entsprechend zum völkischen Original übergewechselt. Und dieses Damoklesschwert schwebt nun über der CSU. 

Sie wissen, wenn sie jetzt bei den Jamaika-Verhandlungen nicht eindeutig ihre Positionen in der Flüchtlingsfrage strikt durchsetzen, dann wird die Bayernwahl für sie ein Desaster, scharenweise werden weitere Wähler zur AfD hinüberwechseln. Und ob sie dann bei der nächsten bayrischen Regierung überhaupt noch eine Rolle spielen werden, ist dann auch noch nicht ausgemacht. Wie Seehofer sich auch dreht und wendet, ihm bleibt nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, oder besser, zwischen Pest und noch größerer Pest, denn bewegt er sich zu einer Jamaika-Lösung hin, laufen ihm die rechten Wähler fort, lässt er aber die Koalition platzen und es kommt zu Neuwahlen, dann wird es nicht anders aussehen, nur mit der Vermutung, dass die AfD in ganz Deutschland einen erheblichen Stimmenzuwachs verbuchen kann. 

Das Risiko besteht vermutlich für alle Parteien in Deutschland, einschließlich der Linken. Dies ist das Dilemma in dem die Verhandlungen in Berlin sich festgefahren haben, Ende zu diesem Zeitpunkt völlig ungewiss. Und doch haben Seehofer und die CSU für ganz Deutschland eine Verantwortung, der sie unbedingt gerecht werden müssen. Ansonsten wäre es wünschenswert, dass die CDU sich von ihrer verantwortungslosen Schwester trennt und auch in Bayern zukünftig zur Wahl antritt. 

Überlegungen dieser Art hat es bei Auseinandersetzungen früher schon zwischen Kohl und Strauss gegeben und der gerissene Bayuware war schlau genug zu erkennen, dass es dann mit einer federführenden Regierung in Bayern für alle Zeit vorbei ist. Bei der gegenwärtigen Gemengelage ist es für Seehofer nur ratsam das Wohl ganz Deutschlands im Auge zu haben und auf eine Jamaika-Koalition unter Führung Angela Merkels zu vertrauen. 

Das Risiko in Bayern abgewatscht zu werden, muss er in Kauf nehmen und selbst wenn es ihn das Amt kostet. Diese Verantwortung hat der Ingolstädter, schon allein seines Rufes wegen ein aufrechter, aber nicht immer pflegeleichter Demokrat zu sein. 

Die CSU hat dann unter neuer Führung noch ein ganzes Jahr Zeit auch die gemäßigten, rechtslastigen Bürger zu überzeugen, dass eine demokratische, auch in Berlin aktive Partei allemal besser für sie ist, als hinter hohlen Parolen herzulaufen, von denen keiner weiß, ob sie außer ideologischen, nationalistischen Zwängen überhaupt noch etwas anderes zu bieten haben. 

Die Chance der CSU liegt darin, dass sie sich jetzt kompromissbereit zeigt, um dann durch innovative Lösungen mit den anderen Koalitionären, Kompetenz und gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen, ganz im Sinne ihres christlichen Werte-Kanons. Denn eins darf man nicht vergessen, geht es Deutschland gut, geht es den Bayern besser und wenn dann dabei auch an die einfachen Menschen und ihre sozialen Probleme gedacht wird, dann wird jedes christliche Herz weich. Sollte die angestrebte Koalition aus welchen Gründen auch immer scheitern, dann werden sich die Gesichter der drei Parteien CDU, CSU und Grüne bezüglich ihrer Spitzenpolitiker abrupt ändern. Außer Lindner werden alle Vorsitzenden sehr bald aus den Führungspositionen verschwinden. Merkel wird hinwerfen, einen erneuten Wahlkampf wird sie sich nicht noch einmal zumuten, Seehofer wird wahrscheinlich sowieso demnächst ausgetauscht und Göring-Eckhart und Özdemir werden auch ihren Platz räumen müssen, dafür sorgt dann schon die fundamentale Basis.

Und ob das, was dann kommt, wirklich besser für unser Land sein wird, ist doch mehr als zweifelhaft. Die Chance eine neue, innovative, zeitgemäße und humane Politik zu betreiben, war noch nie so groß wie in diesen Stunden, wo jeweils die besten Ideen der unterschiedlichen Parteien zu einem tragenden Konsens zusammengeführt werden könnten, der dann das Land und die Menschen nach vorne bringt. Sollte diese Chance allerdings verpasst werden, dann wird es in der Politik mit Hauen und Stechen weitergehen, an die Zeit von 1929 bis 1933 soll erst gar nicht erinnert werden, zu furchtbar wäre das Schicksal. 

 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 04.11.2017

So wie Macron die Franzosen vor den Nationalisten bewahrt hat, so muss jetzt Jamaika eine weitere Bastion gegen das Neonazitum bilden. 

Die Flugreise nach Jamaika ist weit. Aber in 11.15 Stunden ist das Ziel Montego Bay von Frankfurt am Main aus zu erreichen. In dieser überschaubaren Zeit ist die Reise beendet und man kann sich ganz dem karibischen Flair hingeben. Zurzeit findet aber noch ein weiterer Jamaika – Turn statt, eine Reise in die politische Zukunft in unserem Land, von der man nicht weiß, ob sie tatsächlich stattfindet und wenn ja, wann sie beginnt und wie lange sie dauern wird. 

Anfangs waren alle Beteiligten ziemlich begeistert, mit der Aussicht diesen bunten und vielfältigen Trip zu unternehmen. Mittlerweile aber kommen immer mehr Hinderungsgründe zum Vorschein, die es doch fraglich machen, ob die zunächst Reisewilligen nicht lieber doch zuhause bleiben, zuhause in ihrer gewohnten Umgebung, dort wo sie sich sicher fühlen und ihr politisches Terrain abgesteckt ist.

Wenn man die Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen aufmerksam verfolgt hat, so ist aufgefallen, dass alle Verhandler trotz aller unterschiedlichen politischen Standpunkte doch recht wohlgemut und verhalten optimistisch in die Gespräche eingetreten sind, zwar immer ihre Botschaften betonend, aber irgendwie doch heiter und gut gelaunt. Doch je länger die Sondierungsgespräche andauern und je mehr Knackpunkte auf die Tagesordnung kommen, umso verhaltener und eintöniger werden die Interviews mit den vier Generalsekretären, die sich anschließend der Presse stellen. Das kann natürlich eine gewisse Taktik sein, denn jede Partei versucht in dieser Phase möglichst vieles aus ihrem Wahlprogramm in die Gespräche einfließen zu lassen, damit später bei einem eventuellen Koalitionspapier ihre wesentlichen Forderungen wiederzufinden sind. 

Dies ist aus verschiedenen Gründen für die Unterhändler wichtig, zum einen können sie ihrer Klientel gegenüber auftrumpfend erklären, wie erfolgreich sie bei den Verhandlungen waren, was wiederum ihr Ansehen in der Partei stärkt, zum anderen ist es doch auch leichter den Mitgliedern ein Koalitionspapier zu verkaufen, das im Verhältnis zum Programm doch große Abstriche aufweist. Aber man hat beinhart verhandelt, so der gewünschte Anschein, mehr war nicht drin und wenn man Neuwahlen verhindern will, muss man Zugeständnisse machen, damit Jamaika Wirklichkeit wird. 

Soweit der aktuelle Ist-Zustand. Aber es gibt noch eine andere Variante, die beschreibt,warum die Verhandlungen sich immer weiter in die Länge ziehen und warum die sogenannten Knackpunkte jetzt von der Tagesordnung immer öfter runtergenommen und auf einen späteren Zeitpunkt vertagt werden. Im Laufe der Gespräche hat sich heraus kristallisiert, dass das Eingehen von Kompromissen doch viel schwerer als angenommen ist. 

In der ersten Euphorie glaubte man, das jeweilige Gegenüber würde sich überaus kompromissbereit geben, sodass es kein großes Problem sei die eigenen Forderungen zu etablieren. Und solange man Themen im Visier hatte, die bei allen vier Parteien relativ unstrittig waren, Bildung etwa, ist man ja auch ziemlich zügig zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen. Mittlerweile aber ist man dort angelangt, wo jede der vier Parteien ihre Kernkompetenz sieht, etwa bei der CDU die innere Sicherheit und die Asylfrage, bei der CSU die leidige Obergrenze, die plötzlich wieder im Raum steht, bei der FDP die Abschaffung des Soli und die Steuersenkung und bei den Grünen der Klimawandel, der Umweltschutz und die Luftverschmutzung, wobei die Kohlekraftwerke nahezu komplett abgeschaltet werden sollen und so die Frage entsteht: Wo sollen die neuen Arbeitsplätze herkommen für die Menschen im Osten, die dort durch die Braunkohle ihr Geld verdient haben? 

Jetzt wird allmählich klar wie viel Konfliktpotential tatsächlich auf dem Weg nach Jamaika vorhanden ist. Dabei war der eben erwähnte Casus nur ein geringer Prozentsatz von dem, was wirklich an politischen Unterschieden zu überwinden ist. Natürlich ist den Vieren klar, dass sie einerseits mit dem Rücken an der Wand stehen und bei Nichtgelingen Neuwahlen drohen, von denen man nicht weiß, wie die einzelnen Parteien selbst abschneiden, und andererseits nicht einschätzbar ist, wie viel Prozent die AfD dann bekommen wird, 20% oder gar 24% wie etwa in Sachsen-Anhalt bei der Landtagswahl oder 27% in Sachsen bei der Bundestagswahl, wer weiß das schon?

Auf der anderen Seite möchte niemand aus den Verhandlungen gehen, wo ersichtlich wird, dass man ordentlich Federn hat lassen müssen, sprich nicht wenigstens einen erkennbaren Teil seiner politischen Forderungen durchgesetzt zu haben. Und dies ist bei teilweise sehr kontroversen Vorstellungen alles andere als einfach und kommt eher einer Quadratur des Kreises gleich. Obwohl jedem klar sein dürfte, dass sie die Rechtextremen in Deutschland noch stärker machen werden, wenn die Jamaika-Reise platzt, schielt der eine oder der andere mit dem zweiten Auge auf seine Parteibasis, die unbarmherzig sein wird, "wenn man nicht mit einem großen Stück Skalp nach Hause kommt", wie Christian Lindner es bei Lanz thematisiert hat. Da könnte es doch vorkommen, dass man sich lieber für das Platzen der Koalition in den eigenen Reihen feiern lässt, als anschließend bei mangelnder Durchsetzungsfähigkeit zuhause abgewatscht zu werden. 

Hier spielt die Parteifarbe keine große Rolle, gnadenlos geht es bei allen Vieren zu, wenn die Unterhändler mit zu wenig Vorzeigbarem sich den Ihren präsentieren. Trotzdem sollten sie alle wissen, ob Seehofer, Trittin oder auch Lindner, dass sie eine große Verantwortung für Deutschland tragen. Profilierungssucht ist hier fehl am Platz. Letztendlich müssen alle wirklich zu Kompromissen bereit sein und wenn die Klugheit vor der eigenen Wichtigkeit Vorrang hat, dann wird man versuchen, neue gemeinsame Wege zu gehen, die intelligenterweise unterschiedliche politische Inhalte miteinander verbinden, um so auf der Basis eines breiteren Spektrums eigentlich viel bessere Lösungen zu finden.

Ein Beispiel ist da die Massentierhaltung, die nicht nur unerträgliche Zustände für die Tiere nach Ansicht der Grünen und nach jedem vernünftigen Menschenverstand darstellen. Diese Missstände  gilt es abzuschaffen, um in würdigeren Umständen Tiere zu halten, gleichzeitig aber auch den billigen, ungezügelten Fleischverzehr einzudämmen, was die CSU als Klientelpartei für die Landwirte noch kategorisch ablehnt, da sie fürchtet, nicht mehr von den Bauern gewählt zu werden. Massentierhaltung muss artgerecht und biologisch stattfinden. Dazu müssen die Bauern bessere Preise für ihre Produkte erhalten, auch wenn dies den Verbraucher etwas mehr Geld kostet. 

Geht man allerdings hin und schränkt den schröpfenden Zwischenhandel ein, dann dürfte zum Schluss die Ware beim Verbraucher sogar billiger ankommen und die Landwirte hätten trotzdem ein vernünftiges Einkommen, das erlaubt auf naturnaher Basis, viel hochwertiger zu produzieren. Und so gibt es viele strittige Punkte, die es gilt mit der gegenseitigen Bereitschaft zu einer innovativen Lösung, weg von politischer Sturheit miteinander zu verhandeln, ohne dass irgendeine Seite mit Gesichtsverlust abziehen muss. 

Und wo gar nichts geht, sprich keiner nachgeben will, da muss nach dem alten römischen Rechtsgrundsatz "do ut des" verfahren werden: Jeder bekommt in gewissen Punkten seine Maximalforderung zugebilligt, wenn er dafür bei anderen Themen diese zurücknimmt. So sollte ein fairer Ausgleich möglich sein und überhaupt muss man sich klar darüber werden, dass es letztendlich nur um das Wohl der Menschen hierzulande geht und nicht um die Karrieresüchte irgendwelcher Parteioberen. Wenn dies verstanden wird, dann dürfte es möglich sein, dass die Reise nach Jamaika wieder richtig Fahrt aufnimmt. Und wer weiß, vielleicht steht am Ende etwas was bisher nicht möglich schien, eine Politik in Deutschland die neue Maßstäbe setzt, innovativ, vorwärts gewandt  und neuzeitlich ist, eine Politik, die sich wieder mehr um die Bedürfnisse aller Menschen in unserem Land kümmert, eine Politik, die der Veränderung in der Welt gerecht wird und unsere Zukunftsfähigkeit sichert. Und um es nochmals zu betonen, die Rechtsextremen warten nur darauf, dass die Verhandlungen scheitern.

Und ob dann die SPD sich nochmals bereit erklärt den Ausputzer zu mimen, ist gänzlich ausgeschlossen, würde dies doch das wirkliche Ende dieser alten Volkspartei bedeuten. Deshalb muss hier in aller Deutlichkeit gesagt werden, es geht um Deutschland und es geht auch um Europa. Wie ich in meiner letzten Samstagskolumne bereits deutlich gemacht habe, weht ein rechtradikaler Wind von Osten über den Kontinent. So wie Macron die Franzosen vor den Nationalisten bewahrt hat, so muss jetzt Jamaika eine weitere Bastion gegen das Neonazitum bilden. 

Und was wäre besser als die Rechten zurück in ihre Löcher zu treiben, mit Hilfe einer revolutionierten Politik, die ein Vorbild gibt, weg von altem Denken, hin zu intelligent gestalteter Neuzeit auf allen Ebenen, die ein würdiges Menschenbild verkörpert und nicht mehr der neoliberalen Sucht frönt. Die Chance ist mit Jamaika jetzt da, sie muss auch ergriffen werden. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 28.10.2017

 Peter J- König
Rechtsradikalismus darf niemals unterschätzt werden und gerade dann nicht wenn er im bürgerlichen Gewand daherkommt. 

Nationalismus ist in Europa die neue Gefahr, die immer weiter um sich greift. Während in Frankreich durch den fulminanten Wahlsieg Macrons Marine Le Pen und ihre rechtsextreme Partei Front national einen entschiedenen Dämpfer bekommen hat, was natürlich nicht heißt, dass die Nationalisten von der Bildfläche verschwunden sind, sie werden sich nur neu sortieren, so nehmen in Deutschland und Österreich die Extremrechten mächtig Fahrt auf. 

In Österreich hat der junge Populist der ÖVP und ehemalige Außenminister Sebastian Kurz, der vor knapp zwei Wochen die Parlamentswahlen gewonnen hat, einen starken Kurswechsel nach rechts unternommen. Sowohl beim Wahlkampf, als auch jetzt bei der Suche nach einer Regierungsmehrheit ist sein Focus nach rechtsaußen gerichtet, hat er doch vor der Wahl versucht, mit Themen wie Flüchtlinge, Islamismus, Überfremdung , sozialer Ausbeutung durch Asylbewerber und Ähnlichem, zumindest einen verbalen Gleichstand mit der rechtspopulistischen FPÖ des einstigen Rechtsradikalen Jörg Haider zu erreichen. 

Die Österreichische Volkspartei hat damit einen eindeutigen Rechtsruck von der Mitte nach rechts genommen. Kurz hat mit seiner Gruppe "Liste Sebastian Kurz- die neue Volkspartei" bei den Nationalratswahlen 2017 die meisten Stimmen bekommen und wurde daraufhin vom österreichischen Bundespräsident Alexander van der Bellen mit der Regierungsbildung beauftragt. Wunschpartner des jungen Kanzleranwärters ist die rechtsgerichtete FPÖ und es ist zu erwarten, dass es bald zu einer rechten Regierung in Österreich kommt. 

ÖVP und FPÖ dominieren das politische Spektrum, sie waren die beiden Parteien mit den größten Stimmenzuwächsen. So ist in Österreich das gelungen, was Macron in Frankreich verhindert hat, eine rechtsradikale Regierung mit Marine Le Pen als erste französische Präsidentin. Da sind solche Länder wie Ungarn, Polen und Tschechien schon ein Stück weiter. Hier haben sich die Rechten bereits fest in den nationalistischen Regierungen festgesetzt und angefangen, demokratische Grundsätze auszuhöhlen, sei es bei Orban in Ungarn die freie Presse, oder in Polen die unabhängigen obersten Gerichte, deren Richter zukünftig vom Ministerpräsident der führenden Rechtspartei ernannt werden sollten. 

Noch hat sich der polnische Präsident Andrzej Duda geweigert diese Justizreform zu unterzeichnen, aber die Rechtpopulisten um Jaroslaw Kaczynski, dem Bruder des abgestürzten ehemaligen polnischen Staatspräsident werden nicht locker lassen, ihr Ziel der Bevormundung des Obersten Gerichtshof zu erreichen. Damit beginnt der Zerfall der demokratischen Struktur in Polen, wenn die Unabhängigkeit der Justiz auf dem Spiel steht. Ebenso ist dies in Ungarn der Fall, wenn die unabhängige Presse unter Druck gesetzt und behindert wird, damit Orban mit Hilfe seiner regierungstreuen Organe die Wähler beeinflusst und eine objektive Information unterbindet. Wozu das führt, kann man in der Türkei beobachten, geradewegs in die Diktatur eines Despoten, eines Führers nach dem Bild von Recep Tayyip Erdogan. 

Um noch einmal auf Österreich zurückzukommen, da ist doch sehr fraglich, ob der 31.jährige Sebastian Kurz tatsächlich weiß, welchen Geist er aus der Flasche lässt, wenn er mit der rechtsradikalen FPÖ eine Regierungskoalition eingeht. Es ist doch eher ungewiss, ob er, getrieben vom Aufstiegswille und dem Drang zur Macht, tatsächlich weiß, welche Folgen ein solches Bündnis für Österreich und für die ganze EU hat. 

In Österreich, ähnlich wie in Deutschland, werden die Rechtextremen wieder hoffähig gemacht, mit der Folge eines stetig steigenden Nationalismus, einer fortschreitenden Abschottung, eines vermehrten Fremdenhasses und um sich greifende Intoleranz. Natürlich wird auch der Zusammenhalt der Europäischen Union immer mehr in Frage gestellt und anstatt einer inneren Reform, die tatsächlich wirklich notwendig ist, wird die Idee eines Vereinten Europas auf dem Altar des Nationalismus geopfert. 

Zudem scheint fraglich, ob Kurz die Geister die er rief auf Dauer beherrschen wird, oder ob er letztendlich ihr Opfer ist. Beispiele dieser Art gibt es gerade in Deutschland eindeutige, als vor 1933 die damalige Zentrums-Partei, ähnlich konservativ wie die ÖVP bei ihren Befürwortern, versucht hat mit den Nazis um Hitler und seiner NSDAP ein Bündnis zu schmieden, um die Mehrheit im Reichstag zu erlangen. Anfang 1933 war es dann soweit und was dann folgte sollte, ist hinlänglich bekannt. Und was den Nationalismus anbetrifft, da haben sowohl Deutsche als auch Österreicher eine gleiche, ganz eigene Affinität. Dies zeigt ja wohl die Geschichte des Dritten Reichs ganz deutlich, hier braucht keiner dem anderen den Spiegel vorzuhalten. Zu hoffen ist nur, dass der zukünftige österreichische Bundeskanzler Kurz genau weiß, was er tut und die Gefahr von der extremen rechten Seite sehr genau im Auge behält, ohne sie zu unterschätzen. 

Des Weiteren ist zu hoffen, dass er aus reinem Machtkalkül nicht den Weg des Viktor Orban geht, denn dieser war zunächst für seine liberalen Ansichten bekannt, bevor er im Strudel der Politik immer weiter nach rechts gerückt ist, Populist wurde, mit den bekannten Folgen. Rechtsradikalismus darf niemals unterschätzt werden und gerade dann nicht wenn er im bürgerlichen Gewand daherkommt. 

Seit der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages am letzten Dienstag, dem 24. Oktober hat sich auch bei uns in Deutschland die politische Landschaft radikal verändert. Zum ersten Mal seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland hat es eine rechtsradikale Partei geschafft, in den Bundestag einzuziehen. Wenn in anderen Ländern Europas dies auch schon seit einigen Jahren der Fall ist, etwa in Frankreich mit dem Front National, so ist dies doch auf Grund unserer Geschichte für uns ein nicht zu unterschätzender Sonderfall. 

Der Einzug der AfD in das Reichstagsgebäude weckt alles andere als gute Erinnerungen. Mögen mit Gauland und Weidel noch äußerlich bürgerlich konservative Politiker in der ersten Reihe im Bundestag Platz genommen haben, so wurde doch auffällig, wenn man sich jedoch die hinteren Reihen angesehen hat, welche Herren mit einer ganz speziellen Physionomie und ausrasierten Nacken dort versammelt waren. Pardon, auch ein Haarschnitt und eine bestimmte Mimik können Ausdruck einer ganz speziellen Gesinnung sein. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass beim ersten Redner überhaupt seitens der AfD vor dem Bundestag der ehemalige Reichstagspräsident der Nazis Göring erwähnt worden ist. Wie geschmacklos und provozierend ist das denn, wenn die AfD versucht hat, die Verweigerung ihres ältesten Abgeordneten Glaser zum Alterspräsident mit Göring zu vergleichen, der sich diese Funktion angemaßt hat, obwohl er damals nicht der älteste gewählte Abgeordnete im Reichstag war. Glaser, tatsächlich der älteste gewählte Abgeordnete hatte dem Islam in Deutschland die Religionsfreiheit aberkennen wollen, worauf der Ältestenrat im Bundestag ihm die Alterspräsidentschaft mangels der nötigen Befürwortung des Grundgesetzes entzogen hat.

Die Nähe der AfD zur NSDAP kommt nicht von ungefähr, versucht sie doch auf diese Weise den rechten Rand intensiv zu mobilisieren. Da kann man noch auf einiges gefasst sein. Man sollte sich nicht von der Biedermann-Manier ihres jetzigen Auftretens täuschen lassen. Die AfD hat die Tür zum Bundestag weit aufgerissen mit ihren 94 Abgeordneten, von denen zwei nicht der Faktion angehören wollen, und sie werden versuchen ihre Hoffähigkeit zu nutzen, weiter rechtsradikalen Boden in Deutschland gut zu machen. Dies steht außer Frage, ebenso, was sie mit der Macht veranstalten werden, sollten sie diese bestimmend in ihre Hände bekommen. Wir stehen an einem Scheideweg, dies sollte uns sehr bewusst sein. 

Noch sind die demokratischen Kräfte in der Lage durch eine kluge und umsichtige Politik die Rechtsradikalen wieder dorthin zu bringen, wo sie hingehören, nämlich weg von der politischen Bildfläche zurück in das nazihafte Sektierertum. Alle Demokraten in unserem Land müssen dabei behilflich sein, überall dort. wo man auf die Rechten trifft. Dass dieses nicht leicht sein wird, dürfte allen klar sein, zumal der Wind in Europa von Osten ein rechtsradikaler ist. Aber Macron hat es vorgemacht, man kann den Rechtsradikalismus stoppen, mit neuen Ideen, die wieder die Menschen im Mittelpunkt sehen und nicht die Bürokratie, ob im eigenen Land oder in den verknöcherten Strukturen der Brüsseler Behörden. 

Rechtsradikalismus wächst immer dort, wo die Menschen unzufrieden sind. Rechtsradikalismus ist nicht per se eine Anschauung, zumindest bei den allermeisten nicht. Sind die Menschen, wenn auch nur zu einem geringen Prozentsatz zu Recht unzufrieden und sie wenden sich von der gemäßigten Politik ab oder verweigern sich ganz generell und glauben ihr Heil bei den Rechtsradikalen zu finden, dann darf man eine solche Dynamik nicht unterschätzen. Sehr schnell finden sich größere Teile der Bevölkerung ein, die ebenfalls glauben ungerecht behandelt zu werden, was dann zusätzlich noch einen weit größeren Rechtsschub auslöst. Dabei muss eins klar sein, die Rechtsradikalen versuchen die Macht zu erzwingen, nicht um den vermeintlich Abgehängten und Zurückgelassenen bessere Bedingungen zu verschaffen, sie wollen die Macht um zu herrschen und um zu beherrschen. 

Die Mittel, die dabei angewandt werden, werden immer radikaler. Demokratie ist in ihren Augen überflüssiger Tand, es wird diktiert, was im Staat zu passieren hat. Um dies alles durchzusetzen, gehen sie alles andere als zimperlich mit den Menschen um. Überhaupt hat das Individuum und dessen Leben keine große Bedeutung mehr, der von den Rechten artikulierte "Volkswille" ist das Maß aller Dinge. Alles wie gehabt und man sollte nicht in den Irrglauben verfallen, es gäbe einen humanen Rechtsradikalismus. Dies wird zwar den Menschen erzählt, auch von der AfD, wenn sie behaupten sie haben allein das Wohl der einfachen Leute im Auge. Nein, sie wollen Macht, radikale Macht mit der sie unterdrücken, schikanieren und notfalls die Missfälligen einsperren können. 

Lassen wir uns nicht von dem kalten Lächeln einer Alice Weidel oder einer gespielten Freundlichkeit eines Alexander Gauland in die Irre führen. Sie sind Wölfe im Schafspelz, während das restliche Rudel sich um sie schart. Machen wir uns bewusst, dass wir von ihnen nichts Gutes zu erwarten haben. 

Erst wenn das klar ist, ist man auch bereit entschieden gegen sie aufzutreten. Noch ist genügend Zeit um die Rechten zu entlarven. Diese Pflicht haben alle demokratischen Parteien im Bundestag, ob aus der Mitte oder von Links, ob CDU, CSU, SPD, FDP, GRÜNE oder LINKE, sie alle müssen entschieden gegen die AfD auftreten und zeigen, dass sie der Propaganda kluge, menschliche Lösungen entgegensetzen können. Macht entmachtet sich selbst, wenn den Menschen bewusst wird, dass es nicht um ihr Wohl sondern allein um die Vormachtstellung ihnen gegenüber geht. Und je weniger Rückhalt die AfD aus der Bevölkerung erhält, umso schneller zerlegt sie sich selbst.

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 14.10.2017

Wird Deutschland zukünftig nur noch eine Bildungswüste sein?

Es muss etwas passieren in Deutschland und die Gelegenheit ist günstig. Wenn die neueste Bildungsstudie Aufklärung darüber gibt, dass das Wissen von Viertklässlern in Rechtschreibung, Zuhören, welches Fach soll das eigentlich sein, und Rechnen noch einmal um fast 10% schlechter ausgefallen ist, als bei der letzten Erhebung 2011, dann ist dies geradezu ein Armutszeugnis für den Bildungsstaat Deutschland und eine mehr als bedrohliche Entwicklung. Die Bundesrepublik Deutschland und ihr Wohlstand beruht faktisch auf einer dominanten Ressource und das ist das sogenannte "Human Capital".

Es sind nicht die Bodenschätze und sonstige natürliche Voraussetzungen, die maßgeblich das Land zu einer der führenden Nationen in der Welt gemacht haben, es sind die Menschen und ihr hoher Bildungsstand, zumindest in der Vergangenheit und bis jetzt auch noch in der Gegenwart. Ob dies auch noch in der Zukunft so sein wird, da können durch die Studien, die ein ständig fallendes Bildungsniveau dokumentieren doch Zweifel kommen. Bildung und Wissen sind die nötigen Voraussetzungen, damit gut ausgebildete Menschen in allen Sparten unsere Wirtschaft, die Innovation, Entwicklung, Gestaltung und Präzision erbringen können. 

Deutschlands Kompetenz im Ingenieurwesen, in der Medizin, in der Biologie und Chemie hat die gute Grundausbildung in den Schulen als Voraussetzung, die an den Universitäten dann speziell fachlich perfektioniert wird. Gut ausgebildete Fachkräfte auf allen Ebenen haben für die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft gesorgt, die es dann verstanden hat, mit innovativen Produkten sich am Weltmarkt zu behaupten. Dabei spielte gerade der technische Vorsprung eine ganz bedeutende Rolle. Dieser beruhte aber zweifellos auf der fundierten Ausbildung, die die Menschen hierzulande schon von der Grundschule an erhalten hatten. 

Dies scheint mittlerweile nicht mehr der Fall zu sein, wenn man die Studien der letzten zwanzig Jahre verfolgt. Der Wissensstand der Schüler, ob an der Grundschule, der Mittelschule oder an den Oberschulen hat sich zu anderen Ländern derart verschlechtert, dass im Vergleich noch nicht einmal mehr ein mittelmäßiges Niveau vorhanden ist. Das Volk der Dichter und Denker war einmal, das Land der großen Erfinder und der Nobelpreisträger ebenso. Unser technischer Vorsprung im Maschinen- und Automobilbau steht auf der Kippe, da gibt es ganz andere Länder die dabei sind, uns den Rang abzulaufen. So etwa China und Indien, die ehemals großen Schwellenländer, aber auch das kleine Israel, sie alle sind dabei, in Sparten, die einst von deutschen Firmen beherrscht worden sind, uns zu überholen. 

Die USA sind zwar noch auf vielen technischen und anderen wissenschaftlichen Gebieten führend, doch deren Erfolge beruhen oftmals auf Wissenstransfer, der zustande kommt, wenn führende Wissenschaftler den Weg in die USA wählen, weil sie dort neben besseren Forschungsbedingungen auch weitaus besser dotiert werden. Ihre Erkenntnisse werden dann in den Staaten in die Produktion umgesetzt, wo diese Erzeugnisse als amerikanische Produkte auf den Weltmarkt gelangen. Nebenbei erhalten diese Wissenschaftler, die überwiegend die amerikanische Staatsangehörigkeit angenommen haben, für ihre innovativen Leistungen Nobelpreise, sodass sich die Liste der Preisträger von Stockholm eher wie das Professorenverzeichnis an einer amerikanischen Universität liest, nicht aber wie die Auszeichnung der "weltbesten" Köpfe.

Aber zurück nach Deutschland in die Niederungen des bundesdeutschen Bildungssystems. Hier stellt sich doch die Frage nach den Ursachen eines solchen Niedergangs. Zum einen hat dies sicher etwas mit unserem föderalen Bildungssystem zu tun, wo in allen Bundesländern jeder für sich dahin wurschtelt, mit dem Ergebnis, dass es eklatante Unterschiede in den Ergebnissen der Ausbildungen gibt. Dies reicht soweit, dass bei einem Umzug einer Familie von Bremen nach Bayern etwa die Kinder einen differierenden Leistungsunterschied besitzen, der zwei Schulklassen ausmacht. Des Weiteren spielt natürlich auch das Leistungsniveau eine Rolle, dass in allen Bundesländern gemeinsam in den letzten Jahrzehnten nach und nach abgesenkt worden ist. 

Haben zu der Zeit, als der Schreiber dieser Zeilen vor etwa einem halben Jahrhundert Abitur machte, gerade einmal 4% eines Jahrganges diesen Bildungsstand erreicht, so sind es heute mehr als 50%, die die Hochschulreife erlangen, zum Leidwesen aller Universitäten. Grund ist das Bildungsniveau, das natürlich gesenkt wurde, um eine solche Quote um 50% möglich zu machen. Hier hat die Politik die Finger im Spiel, denn man wollte bei den Abiturientenzahlen ähnliche Ergebnisse erreichen, wie die USA und andere europäische Staaten. Die Folge war ein Abrutschen des gesamten Niveaus. Im Hintergrund haben natürlich auch soziologische Fragen eine Rolle gespielt, glaubte man doch aus den bildungsentfernteren Schichten die Intelligenz und die Aufstiegsmöglichkeiten besser zu aktivieren. 

Im Grundsatz ist diese Überlegung richtig und gerecht, denn nach dem Grundgesetz soll jeder die gleichen Aufstiegschancen in unserem Land haben. In der Praxis ist aber der Weg, den man dorthin eingeschlagen hat, mit der Verringerung der Anforderungen zum Abitur ein kontraproduktiver. Gleichheit ja, aber auf gleich hohem Niveau wie in früheren Jahrzehnten und nicht gleich niedrig. Warum hat man nicht den Intelligenten aus weniger begüterten Familien durch Stipendien die Ausbildung an höheren Schulen ermöglicht, so wie dies auf vielen erstklassigen Internaten schon immer der Fall ist?

Seit Jahren wird das Schulwesen in Deutschland vernachlässigt. Zu wenig Lehrer in Schulen, die in katastrophalen Zuständen sind, die dann eine Vielzahl von überforderten Schülern ein reduziertes Wissensangebot offerieren, wobei diese noch entscheiden, ob sie heute Lust haben zur Schule zu gehen und wenn ja, um dort „Rambazamba“ zu machen, um dem Lehrpersonal ordentlich einzuheizen. Für die Oberschulen hat man sich dann noch die achtjährige Variante ausgedacht, mit dem Ergebnis, dass ein absolutes Bildungschaos entstanden ist. Mittlerweile wird in allen Bundesländern die Uhr zurückgedreht und der neunjährige Aufenthalt an den Gymnasien bis zum Abitur wieder eingeführt.

Die Zustände in den Grundschulen, und das belegen ja die Studien, sind mehr als besorgniserregend. Kinder von eingebürgerten Mitmenschen kommen ohne Deutschkenntnisse zur Einschulung. Oftmals ist nicht Wissensstoff das Lernziel, sondern Integration und das Miteinander der unterschiedlichen Ethnien zu erlernen. Wie soll da eine vernünftige Ausbildung in Rechnen, Schreiben und Lesen ermöglicht werden? Das Gefälle innerhalb der Klassen ist extrem und die Lernwilligkeit auch der befähigten Schüler lässt rapide nach. Nicht umsonst wachsen in Deutschland die Privatschulen wie Pilze aus der Erde, denn die Nachfrage nach geordneten, gehobenen Schulausbildungen, die an solchen Schulen sehr elitär angeboten werden, ist groß. Allerdings müssen die nötigen Finanzen bei den Eltern vorhanden sein, denn die Bildung in solchen Institutionen kostet richtig Geld. Und schon hat die Ungleichheit wieder Einzug gehalten.

Kinder aus vermögenden Familien haben eine ungleich bessere Aufstiegschance, als Kinder eher armer Familien. Grund ist allein das Versagen einer vernünftigen Schulpolitik, hier wird gespart und dies zu Lasten der Zukunft. Elite-Internate und Elite-Universitäten hat es schon immer gegeben, die den Kindern der Privilegierten optimale Startchancen in das Berufsleben bieten, wenn sie diese dann auch nutzen. Davon aber kann weder unser Staat, unsere Wirtschaft noch unsere Gesellschaft sich erfolgreich entwickeln. 

Wir brauchen wieder top-ausgebildete junge Menschen, breitgefächert auf allen Stufen, wenn dies auch gerade zurzeit durch die vielen Flüchtlinge nicht ganz einfach ist. Jedoch bieten diese auch Chancen, denn die jungen Menschen aus den vielen Ländern, die zu uns gekommen sind, sind bestimmt nicht dümmer als die Jungs und Mädchen hierzulande. Vielleicht ungebildeter, aber dies lässt sich mit einer fähigen Ausbildungspolitik ändern. Vergessen wir nicht, dass auch diese jungen Menschen zum erweiterten "Human Capital" gehören und bei der immer geringeren Geburtenrate in unserem Land ist ein Anstieg bei den Zahlen junger Menschen mehr als vonnöten, damit auch morgen noch genügend Fachkräfte für die Wirtschaft und Gesellschaft zur Verfügung stehen.

Voraussetzung allerdings ist ein starkes Bildungssystem, das in der Lage ist, auf breiter Ebene alle vernünftig auszubilden, auch wenn sie eine völlig andere Sozialisation bisher genossen haben.

Aber das kostet Geld, viel Geld und vielen guten Willen seitens der Politik und noch mehr seitens der hier lebenden Bevölkerung. Schon einmal hat Deutschland die Integration von Menschen, die in unser Land kamen, ob gerufen oder nicht, vergeigt. Ein zweites Mal wäre eine nicht wieder gut zu machende Katastrophe, die alles bisher Versäumte übersteigt. Nicht nur, dass weitere Parallel-Gesellschaften entstehen, die tragende Mehrheit würde wirtschaftlich massiv einknicken, denn unsere weltweiten Führungspositionen in allen Bereichen wären futsch, bedingt durch die mangelnden und schlechten Ausbildungen. Dies wäre ein Szenario das wir alle nicht haben wollen.

Abhilfe muss die nächste Regierung schaffen, wer diese auch stellen mag. Ein radikales Umdenken muss einsetzen, und das in vielen Bereichen. Schule, Bildung und Ausbildung muss auf der Zukunftsagenda wieder ganz oben stehen. Es ist doch ein Wahnsinn zu glauben, man könne zum Preis eines Kleinwagens eine Luxuslimousine erstehen. Top-ausgebildete junge Menschen sind der Luxus der unsere Gesellschaft sich einfach leisten muss. 

Und diese sind nicht mit kleinem Geld zu haben, hier muss sehr viel investiert werden, sonst verlieren wir den Anschluss. Endlich muss Schluss sein mit den Experimenten im Ausbildungsbereich, Schluss sein mit dem Einsparen und Knausern hinsichtlich bildungsmäßiger Zukunft, wozu natürlich auch die geeigneten Räumlichkeiten und Mittel zählen. 

Lassen Sie mich mit einer alten Bauernweisheit schließen, die besagt: "Damit eine Kuh genügend gute Milch gibt, muss man sie anständig füttern", soll heißen, damit unsere Zukunft in allen Bereichen auf dem jetzigen Niveau gut gesichert wird, müssen die Bildungssysteme Deutschlands bestens bestückt werden. Dann brauchen wir keine Angst vor der Globalisierung zu haben, die Digitalisierung beherrschen wir alle dann sowieso und das Armutsrisiko wird ebenfalls erheblich minimiert. Also stehen wir auf und sagen unseren Politikern, sie sollen sich endlich um ein gesichertes, zukunftsorientiertes Bildungswesen kümmern. Der Erfolg ist dann "Schwarz auf Weiß", pardon digital, in den entsprechenden Studien zu lesen.

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 07.10.2017

Rechtsradikalismus darf man nie sich selbst überlassen, man muss ihm wehrhaft gegenüberstehen.

Die Bundestagswahl 2017 vom 24. September ist Vergangenheit, das Ergebnis Gegenwart und Zukunft für die nächsten vier Jahre. Noch steht in den Sternen, wie die nächste Regierung sich zusammensetzen wird, ja Jamaika ist möglich, aber noch lange nicht unter Dach und Fach. Doch schon bevor die erste konstituierende Sitzung des neuen Parlaments stattfindet, die Parteien haben sich wohl auf den 24. Oktober geeinigt, gibt es Ablehnung und Unstimmigkeiten mit der AfD, denn alle 5 anderen Parteien, also CDU, SPD, FDP, GRÜNE und Linke weigern sich, den von der "Alternative für Deutschland" vorgeschlagenen Kandidat Albrecht Glaser, einst 40 Jahre Mitglied der CDU und Kämmerer der Stadt Frankfurt und Gründungsmitglied der AfD, als Vize-Präsident des neuen Bundestags mit zu wählen. Grund ist Glasers Kommentar, dass der Islam nach seiner Ansicht keine Religionsfreiheit im Sinne unseres Grundgesetzes genieße, da der Islam keine Religion sei sondern eine Ideologie.

Einen solchen Gesinnungsgenossen wollen alle anderen Parteien als die AfD dann doch nicht auf dem Sessel des Bundestagspräsidenten sehen. Des Weiteren weigert sich die FDP unmittelbar neben der AfD auf der rechten Seite des Plenums Platz nehmen zu müssen, so wie es die Planung der Bundestagsverwaltung zunächst vorsieht. Eine erste Sitzung des "Vor-Ältestenrates" ist diesbezüglich deshalb ohne Ergebnis vertagt worden, ein neuer Anlauf soll am 13. Oktober gemacht werden. Damit sind wir schon mitten in der Aktualität des Geschehens und bevor überhaupt schon eine neue Regierung existiert, beginnt das Ringen mit und um die "Rechtsausleger". 

Die selbst haben auch schon mit dem Abschmelzungsprozess begonnen, denn nach Petry hat ein zweiter gewählter AfD-Abgeordneter erklärt, nicht der Fraktion angehören zu wollen, ein baldiger Parteiaustritt ist ziemlich wahrscheinlich. Damit wären es schon zwei, die partei- und fraktionslos im Parlament Platz nehmen würden, ob noch weitere aus den Reihen der AfD folgen werden, ist jetzt noch nicht abzusehen, ist aber ziemlich wahrscheinlich, wenn der Betrieb im Bundestag beginnt, und damit auch das große Gerangel um Posten, Disziplin und egomane Befindlichkeiten. Die Blaupause dazu stammt aus Baden-Württemberg, wo die AfD alsbald in zwei Lager gespalten war und man dort eine zweite Fraktion anstrebte. Im Bundestag ist dies nicht so einfach, denn immerhin müssen sich 36 Abgeordnete finden, um die notwendige Fraktionsstärke zu erfüllen. 

Das wird noch etwas dauern, zudem ist auch noch nicht klar, wer auf Grund bevorstehender Strafprozesse seine Immunität verlieren wird, um nach einer Verurteilung ganz auf den Sitz im Parlament verzichten zu müssen. Frauke Petry ist eine solche Kandidatin, denn die Staatsanwaltschaft Dresden untersucht zur Stunde, ob sie die ehemalige Vorsitzende der AfD wegen Meineides anklagen wird. Dies und andere Vorgänge rund um die Rechtsextremen wirft doch die Frage auf: Wie nun zukünftig umgehen mit der AfD, sowohl im Bundestag, in den Medien und ganz allgemein auf der politischen Bühne? 

Da sie nun einmal ins Parlament eingezogen sind, hat es keinen Zweck mehr sie einfach zu ignorieren, zu groß sind die Wirkung und der Schaden den sie bei der Bevölkerung hinterlassen hat. Wirkung insofern, dass die Menschen speziell in Ostdeutschland durch rechtsradikale und nationalistische Parolen sich in ihren Ängsten bestätigt fühlen, deren Ursachen nur marginal durch Flüchtlinge und Asylanten zustande gekommen sind. Ängste, die aber massiv durch die AfD bezüglich der vermeintlich mangelnden Sicherheit hervorgerufen wurden, da die Kriminalität durch Ausländer, speziell vom Balkan, dem Nahen Osten und dem Irak und Afghanistan geradezu unerträgliche Zustände produziert hätten, bei denen sich keine Frau mehr auf die Straße trauen könne und Kinder sowieso nicht. Diebstahl, Körperverletzung, ja Totschlag sei in einem Maße alltäglich, wie es zu DDR-Zeiten überhaupt nicht vorgekommen ist, nun aber die traurige Realität durch verfehlte Politik sei, so die AfD. 

Die Menschen in den neuen Bundesländern, aber nicht nur hier, sondern auch verstärkt in Bayern und Baden-Württemberg, dort immerhin bis zu 16%, in Sachsen bis zu 27% haben sich in diesen Gräuelmärchen verfangen, die offizielle Kriminalstatistik kennt da andere Zahlen, Zahlen die eindeutig belegen, dass es zwar bei Asylanten und Flüchtlingen eine leicht höhere Kriminalitätsrate als bei der heimischen Bevölkerung gibt, aber mit gefährlichem Chaos hat dies wirklich nichts zu tun, so wie die AfD versucht, es den verunsicherten Bürgern zu verkaufen. 

Hinzu kommt eine weitere Verunsicherung, indem der Bevölkerung suggeriert wird, dass die staatstragenden Eliten auf ganzer Linie versagt haben, sich ausschließlich nur noch um sich selbst kümmern, angefangen von der Bundeskanzlerin Angela Merkel, über die Abgeordneten in den Parlamenten in den Ländern bis runter in die Kommunen. Hier wird, so die AfD-Propaganda, alles Geld an Flüchtlinge und Asylanten verprasst und den einfachen Deutschen geht dies dann überall ab. Dies ist einfach die Unwahrheit, denn nirgendwo hat es durch die Flüchtlinge Kürzungen im Sozial-Bereich gegeben. So ist nicht zu verstehen, dass gerade auch in den reichsten südlichen Bundesländern der Stimmenanteil der AfD so hoch ausgefallen ist. 

Im ehemaligen Ostdeutschland kommt hinzu, dass man aus alten DDR-Zeiten gewohnt ist, die Führungskader machen zu lassen, ohne großartig aufzumucken. Jetzt in der Demokratie lässt sich ordentlich austeilen, wenn einem die Richtung nicht passt und wenn gar jemand daherkommt, der radikal Besserung verspricht. Da wird nicht hinterfragt, ob dies alles der Wahrheit entspricht, ob die vorgeschlagenen Lösungen überhaupt umsetzbar sind, da wird offen oder verdeckt mit dem Wahlzettel die "Alternative" präferiert, obwohl man doch schon längere Zeit nicht mehr wählen gegangen ist. 

In den neuen Bundesländern scheint dies ja irgendwie noch nachvollziehbar zu sein, obwohl es nicht gerechtfertigt ist, denn auch hier ist ein gewisser Wohlstand eingezogen, der nicht nur durch über 2 Billionen Euro an Transferleistungen sich entwickelt hat, sondern auch maßgeblich mit viel Eigeninitiative der Ostdeutschen zustande gekommen ist, so sie es denn wirklich wollten. Erstaunlich ist dabei, dass selbst gutbetuchte Handwerker und Selbstständige die AfD gewählt haben, obwohl es ihnen tatsächlich alles andere als schlecht geht. 

Angst vor Überfremdung kann es auch nicht sein, denn es gibt Regionen im ehemaligen Osten, da wurde noch nie ein Flüchtling gesehen und doch ist man den Rechtsradikalen hinterher gerannt. Asylanten im Fernsehen können doch nicht der Grund sein, um die AfD zu wählen, weil die von Islamisierung, Überfremdung und Ausplünderung durch Flüchtlinge reden. Da steckt wohl doch noch viel Propaganda-Gläubigkeit dahinter und mangelndes Interesse sich selbst ein objektives Bild zu machen. 

27 Jahre Deutsche Einheit sind vielleicht doch noch zu kurz für eine gewisse, meist ältere Gruppe, um selbstverantwortlich zu denken und zu handeln. Aber das wird, die jungen Menschen wurden anders sozialisiert, sie haben überwiegend gelernt jeglicher politischer Propaganda weitaus skeptischer gegenüber zu stehen. Bleibt doch die Frage, warum speziell in Bayern die AfD so überdurchschnittlich erfolgreich war? 

Bayern ist das Bundesland mit der besten Schulausbildung, der größten Sicherheit, mit dem höchsten Prokopf-Einkommen, der besten Infrastruktur, der niedrigsten Arbeitslosen-Quote, den qualifiziertesten Arbeitsplätzen, und trotzdem so viele Stimmen für die AfD. Und dabei kann man ja wirklich nicht sagen, dass das Bundesland ein Eldorado für die SPD und die Linke ist, die jetzt einen Denkzettel verpasst bekommen haben. Nein, es ist die CSU, die mit 37% gerupft wurde, wo man in der Regel immer über 50% Stimmenanteil gewohnt ist. Hier ist die Analyse sehr schwer, da bei den bestehenden Konditionen in Bayern der Rechtsrutsch über die CSU hinaus kaum erklärbar ist. Natürlich hat auch dieses mit der einen Million Flüchtlinge zu tun, die besonders über Bayern und München ins Land gekommen sind. Es hat etwas zu tun mit der mangelnden Kontrolle dieser Menschen und der Gefahr, dass auch Terroristen mit eingeschleust worden sind. Bestimmt hat es aber auch etwas zu tun mit dem Gerangel zwischen Seehofer und Merkel über die Obergrenze, ein sinnloser Streit der speziell nicht nur die einfachen Menschen verunsichert hat, sondern auch so manchen bayrischen Hardliner, der früher die CSU wählte, nun es aber in die Arme der AfD trieb, weil er glaubt, dass Seehofer sich in dieser Frage gegen Merkel nicht durchsetzen kann. 

Da spielt die soziale Frage überhaupt keine Rolle, da ist „Law and Order" und "mir san mir" angesagt, nach dem Motto: "Dem Seehofer werden wir es schon zeigen, der braucht jetzt mehr rechten Wind um die Nase". 

Und das hat Wirkung gezeigt, zumal im nächsten Jahr Landtagswahlen in Bayern sind und "da muss die offene rechte Flanke geschlossen werden", so Seehofer unmittelbar nach der Bundestagswahl im Original. Stellt sich doch die Frage, wie wird der bayerische Ministerpräsident, wenn er dann noch ein solcher sein sollte, mit der Herausforderung der AfD im Wahlkampf umgehen, rechts überholen geht ja wohl nicht. Da müssen andere Strategien her, als sich anbiedern oder mit der AfD auf rechter Augenhöhe zu konkurrieren.   

Dies gilt ebenso für die zukünftige Auseinandersetzung im Bundestag, ja überall in unserem Land. Zu hören sind da die unterschiedlichsten Stimmen. Es gibt welche die meinen, man müsse die AfD sich selbst überlassen, dann seien sie sehr bald wieder von der Bildfläche verschwunden. Mit Verlaub, dies ist nicht nur blauäugig, sondern auch gefährlich. Rechtsradikalismus darf man nie sich selbst überlassen, man muss ihm wehrhaft gegenüberstehen. 

Da hilft weder Dämonisierung noch Anbiederung, weder Beschimpfung und Beleidigung noch Isolierung. Das Ergebnis wäre eine gewisse Märtyrerrolle in bestimmten Kreisen, mit der Folge, dass die Partei weiter an Zulauf gewinnt. Dies ist ein absolutes "no go". Der richtige Weg ist, sich mit den Vertretern der AfD und ihren Thesen intellektuell auseinander zu setzen, dort wo dies zivilisiert möglich ist, durchaus dann mit dem nötigen Respekt, denn es hilft nicht die Protagonisten nur zu verunglimpfen, die Klinge muss in der Sache gekreuzt werden. 

Und hier gibt es eine Fülle von Ansätzen, denn die Argumente der Rechten sind dünn, durchsichtig und widerlegbar. Der beste Rahmen dazu ist der Bundestag. Hier kann weder gepöbelt, noch können Naziparolen als Gegenreden benutzt werden. Hier muss das stichhaltige Argument den Unterschied aufzeigen, zwischen durchsichtigem Rechtsradikalismus und demokratischer Festigkeit. 

Gelassenheit und Klugheit sind die Waffen, mit denen im Bundestag die AfD zu entzaubern und zu entlarven ist. Und wenn die neue Regierung den Beinamen Jamaika trägt und sich noch an die aufgedeckten Defizite erinnert, die im Wahlkampf immer mehr offen wurden und sich dieser annimmt, dann sollte es doch gelingen die Rechtsradikalen zurück zu drängen und die verunsicherten Wähler für das demokratische Gedankengut zurück zu gewinnen. Dann würden die ewig gestrigen Nationalisten wieder in ihren Löchern verschwinden, aber ganz ausmerzen lässt sich eine solche Nazi-Ideologie sowieso nicht. Aber man kann sie im Zaum halten und genau beobachten, jederzeit gewiss, dass neues Unheil und Leid sich entwickeln, wenn wir nicht ständig auf der Hut sind und die Geschichte aus unseren Köpfen ausblenden

Peter J. König