#Samstagskolumne Peter J. König 03.10.2015

Ist der #Abgasskandal bei VW ein Einzelfall oder haben solche #Manipulationen in der gesamten Groß-Industrie seit langer Zeit Konjunktur? 

So schnell kann es gehen. Eben noch auf dem Höhenflug hin zu der Nr. 1 als Welt-größter Hersteller von Automobilen, dort wollte der #Volkswagen_Konzern mit aller Macht hin, und jetzt der tiefe Fall, von dem noch nicht abzusehen ist, wo und wie hart das Unternehmen aufschlagen wird. 

Auslöser dieses Erdrutsch-ähnlichen #Absturzes ist die #Aufdeckung der #Manipulationen der Abgaswerte bei bestimmten #Diesel_Motoren durch die amerikanische #Umweltbehörde. Unmittelbar vor der Frankfurter Automobil-Ausstellung musste der VW-Konzern zugeben, dass in Sachen Abgaswerte bei verschiedenen Diesel-Modelle eine #Software auf die Fahrzeug-eigenen Datenträger aufgespielt worden ist, die erkennt, ob das #Auto im normalen Alltags-Betrieb sich bewegt, oder ob es zu Testzwecken unter Labor-ähnlichen Prüfungen analysiert wird. 

Nun sollte man meinen, da darf es doch eigentlich keinen großen Unterschied geben. Dem aber ist leider nicht so, die Abweichungen bei den #Serienmodellen sind gewaltig, die #Emissionswerte in der realen Praxis sind bis zu 14 Mal größer. Dabei war #VW mit seinen neuen Diesel-Modellen der Mittelklasse angetreten um besonders in den USA mit Abgas-freundlichen Werten aufzuwarten, einem Markt, der den Diesel-Motor so gut wie gar nicht kannte. 

Hier ließe sich ein riesiges Kontingent erschließen, freuten sich die Spitzen-Manager von VW. Die Amerikaner haben immer ihre "#Big_Blocks" geliebt, also die 5,6,7 oder 8 Liter Benziner, großvolumig und mit einem kräftigen Durchzug, bei einem niedrigen Dreh-Moment. Bei den Sprit-Preisen, die Jahrzehnte lang in den USA üblich waren, spielte das Geld diesbezüglich auch keine Rolle. 

Mit der Verknappung des Rohöls und der weltweit steigenden #Nachfrage sind nicht nur bei uns die #Benzin_Preise um das Mehrfache gestiegen, der Autor dieser Zeilen hat als Student in Freiburg Ende der 1960iger Jahre für den Liter Sprit noch etwa 30 Pfennige bezahlt, dagegen in den USA etwa 10 Pfennig. 

Und auch in den Vereinigten Staaten wurde Benzin teurer, wenn auch lange nicht so exorbitant wie hierzulande. Aber die Amerikaner fingen langsam an umzudenken, ein idealer Zeitpunkt dachten sich die #Strategen in #Wolfsburg, jetzt dem Diesel auf dem US-Markt zum Durchbruch zu verhelfen. Ebenfalls Durchzugs-stark bei einem geringen Drehmoment galten die Diesel-Motoren alles andere als Sprit-Fresser, wenn da nicht die hohen Abgaswerte gewesen wären, die so gar nicht in die Emission-reduzierten Vorstellungen der amerikanischen Umweltbehörde passten. 

Die #Grenzwerte in den #USA sind niedriger als in Europa, in Kalifornien sind sie gar die niedrigsten in der ganzen Welt. Und die Amerikaner lassen in diesem Punkt überhaupt nicht mit sich spaßen. Dies wusste VW natürlich genau. Technisch war es wohl kein Problem, die Motoren so auszustatten, dass sie den vorgegebenen Abgas-Werten in den Staaten entsprachen. Aber wie immer spielen die Kosten bei solchen Mammut-Projekten mit die wichtigste Rolle, wie jetzt auch seitens des Auto-Herstellers bekannt gegeben wurde, nachdem man krampfhaft bemüht ist, eine Erklärung für das kriminelle Fehlverhalten zu veröffentlichen. 

Dabei soll der #Kostendruck den Ingenieuren zu diesem Ausweg der Software-Beeinflussung eingefallen sein, um beiden Anforderungen gerecht zu werden. Mit teuren Werbekampagnen wurden die Autos dann dem amerikanischen Käufer schmackhaft gemacht. Aber es sind nicht nur die Leute in den USA, die von VW hinter´s Licht geführt wurden, weltweit sollen 11 Millionen Fahrzeuge auf allen Weltmärkten mit dieser Schummel-Technik ausgestattet worden sein. Ob diese Zahl jetzt noch um 1 oder 2 Millionen nach unten korrigiert wird, oder ob bald noch weit höher Zahlen im Raum stehen, ist für den Betrugsskandal unerheblich. 

Tatsache ist, dass nicht nur die Modelle von VW betroffen sind, sondern alle #Fahrzeuge aus dem gesamten Konzern, also auch #Audi und #Skoda, eine Folge der baugleichen Motoren-Komponenten im gesamten VW-Reich. So weit so schlecht, doch was ist die Folge und weiterhin, ist dieses #kriminelle_Manipulationsverhalten ein einmaliger Fall seitens VW, oder ist diese Praxis gar ein in der Groß-Industrie übliches Verfahren, um den Verkauf zu steigern, Märkte zu gewinnen und satte Profite einzustreichen? 

Zunächst einmal zu den aktuellen Folgen beim Volkswagen-Konzern. Zurzeit gibt es noch überhaupt nicht zu kalkulierende Ergebnisse, die bis an den Rand des Ruins führen können, oder wieder eine Zerschlagung des größten Industrie-Unternehmens der Bundesrepublik mit einer langen, innovativen Tradition und über 600.000 Mitarbeitern nach sich zieht. 

Wie entsetzt die #Finanzwelt auf die Geständnisse von VW reagiert hat, sieht man allein am Aktien-Kurs der #VW_Aktie an der #Frankfurter_Börse. Innerhalb weniger Tage hat sich der Wert fast halbiert, wobei es an einem einzigen Tag einen Verlust von fast 30% zu verkraften galt. 

#Milliarden und Aber-Milliarden haben sich dabei in Luft aufgelöst. Und dies ist erst der Anfang. Noch weiß keiner wie hoch die weiteren Kosten sein werden, die entstehen durch Strafzahlungen, allein in den USA können dies bis zu 18 Milliarden Dollar sein, die die Umweltbehörde VW aufdrückt. Dazu kommen die Sammelklagen der Käufer, die in den USA bei einer solchen Größenordnung auch gleich in die Milliarden gehen. Dazu die technischen Reparaturen, denn die Käufer wollen schließlich ein Auto in dem Zustand haben, der ihnen beim Kauf zugesichert worden ist. Dies wird auch nicht billig, nach Expertenmeinung kann dies bis zu 1600 Euro kosten und dann ist bei über 600.000 Fahrzeugen schnell die nächste Milliarde fällig. Nicht zu vergessen, wir reden bisher nur von dem Kosten-Volumen in den USA und von bereits bezifferbaren Größenordnungen. 

Weltweit handelt es sich um ein Vielfaches mehr. Der eigentliche Knackpunkt ist allerdings, dass die Autos nicht den technischen Anforderungen vieler Länder entsprechen und damit ihre Betriebserlaubnis praktisch erlischt, wenn nicht eine schnelle Nachrüstung stattfindet. Doch das Dilemma für VW geht weiter. 

Der Konzern sieht sich mit #Schadensersatzforderungen konfrontiert für die entstandenen #Emissionen und deren Folgen, die bis zu gravierenden gesundheitlichen Schäden bei der jeweiligen Bevölkerung sein können. Hier werden erst teure Gutachten überhaupt einen Überblick bringen und auch da sind die Amerikaner pekuniär überaus findig, um die Summen hoch zu treiben. 

Der vielleicht größte #Verlustfaktor ist bestimmt der Vertrauensschaden in die Marke VW, auf dem amerikanischen Markt zweifellos. Wie soll man diese Summe quantifizieren? Kurzum heute ist noch überhaupt nicht abzusehen, ob und wie VW diesen selbst produzierten Super-Gau überstehen wird. Stellt sich die Frage nach der Verantwortlichkeit? 

Klar ist, dass #Manipulationen dieser Größenordnungen nicht von einzelnen Ingenieuren möglich waren. Hier wurde im großen Stil getrickst und deshalb muss bis in die Konzernspitze hinein dies zumindest wissentlich gebilligt worden sein. Ob der Vorstandsvorsitzende #Winterkorn eingeweiht war, soll hier nicht erörtert werden. Jedenfalls ist er von seinem Posten zurück getreten. Als Schuld-Eingeständnis ist dies nicht zu sehen, eher als ein Kniefall vor den amerikanischen Behörden. 

Fakt ist, dass die Macher bei VW schon auf einem sehr hohen Ross gesessen haben müssen, wenn sie glaubten mit dieser millionenfachen kriminellen Masche auf Dauer Erfolg zu haben. Haben diese Gauner niemals dran gedacht, dass die Sache auch nach hinten losgehen könnte und zu welchem Preis? 600.000 Mitarbeiter und ihre Familien sind ernsthaft gefährdet, Personen, die verantwortungsvoll ihre Arbeit getan und dies selbstverständlich von ihrer Führung ebenfalls erwartet haben. Die hohen Manager-Gehälter, die den Lohn der Durchschnitts-Belegschaft um ein Vielfaches übersteigen, implizieren in erster Linie die uneingeschränkte Verantwortung für das Unternehmen und damit mit an vorderster Stelle auch die Verantwortung für die Belegschaft. 

Hier zu tricksen und zu manipulieren, um letztendlich die Rendite signifikant zu verbessern, steht in keinem Verhältnis zu dem Risiko, das dann alles zunichte macht, was über Jahrzehnte gemeinsam aufgebaut wurde. 

Und viele sind darüber hinaus betroffen, angefangen von den Kleinanlegern, die eine VW-Aktie als sichere Altersvorsorge gezeichnet haben, über die Zulieferer, wenn jetzt der Absatz der Autos drastisch fällt, und die Familien Piëch und Porsche freuen sich auch bestimmt nicht, über den immensen Verlust ihres Vermögens. Ist davon auszugehen, dass dieses Verhalten System hat? 

Schon lange sind Experten bekannt, dass die Angaben der Autohersteller in Bezug auf ihre Abgaswerte in Deutschland zumindest geschönt sind. Dabei werden die Untersuchungen nicht mehr von staatlichen Stellen vorgenommen, wenn bei Neuentwicklungen die #Emissionswerte analysiert werden. Die Hersteller selbst testen diese Autos unter Labor-Bedingungen und verkaufen die Ergebnisse den staatlichen Stellen, hier das #Kraftfahrzeug_Bundesamt und der Öffentlichkeit als Daten, die im allgemeinen Straßen-Verkehr gemessen wurden. 

Wie bereits erwähnt, kommt es zu Abweichungen um das 14fache, ein Grund warum trotz der grünen #Umwelt_Plakette die Emissionswerte in den Innenstädten kaum rückläufig sind. Tatsache ist, dass die Lobby der Autoindustrie in unserem Land so stark ist, dass sie Einschränkungen seitens der Politik nicht zu befürchten hat, die Ahndung von Verstößen erst recht nicht. Ganz das Gegenteil ist der Fall, #Angela_Merkel macht sich in Brüssel für die Autoindustrie stark. 

Sie ist deren bester Lobbyist, wenn sie dafür sorgt, dass die #Emissionswerte großer deutscher Limousinen klein gerechnet werden können. Vielleicht wird bei diesem Hintergrund auch erkennbar, warum die Leute bei VW so gehandelt haben, wenn sie glaubten auch in den USA und anderswo sei ein solches "Kavaliersdelikt" problemlos aus der Welt zu schaffen. 

Wirklich eine gravierende Fehleinschätzung, dessen Ursache nicht zuletzt auf eine überbordende #Hybris zurück zu führen ist, gepaart mit dem alles umfassenden Wunsch, die Allergrößten zu sein. Wie heißt doch die alte Volksweisheit: "#Hochmut_kommt_vor_ dem_ Fall", dabei ist ergänzend noch hinzu zu fügen: und ganz besonders dann, wenn dieser Hochmut sich aus unlauteren und kriminellen Machenschaften speist. 

Bleibt zum Schluss die Frage: Hat es in der deutschen Groß-Industrie schön öfters solche Fälle gegeben? 

Die Antwort ist eindeutig ja. Kriminelle Verstöße gegen Gesetze und Verordnungen gegen den Verbraucherschutz sind quasi an der Tagesordnung, nahezu bei vielen Unternehmen. Einen exemplarischen Fall, bei dem nicht nur Milliarden verschossen wurden, sondern auch die Manager selbst mit Haftstrafen zur Verantwortung gezogen worden sind, gab es vor über einem Jahrzehnt bei mit dem damals größten und weltweit agierenden Unternehmen Deutschlands, der #Siemens AG. 

Ihnen wurden #Schmiergeld_Zahlungen in Milliarden-Höhe bei der Akquise von lukrativen #Kraftwerksbauten überwiegend in Afrika und Südamerika nachgewiesen, worauf sie auch jeweils den Zuschlag bekamen. Auch hier waren es die amerikanischen Behörden, die Siemens nicht nur zu hohen Strafzahlungen für diesen illegalen Wettbewerb zwangen, sie sorgten auch dafür, dass Siemens im eigenen Haus diese Praxis sofort ächtete. 

Das #Münchner_Landgericht hat dann die betreibenden Manager zu nicht geringen Haftstrafen verurteilt, interessanterweise nicht wegen Korruption, die Strafbarkeit bei Korruption in ausländische Unternehmen gab es damals noch nicht, war also straffrei, die Verurteilung wurde als Veruntreuungsdelikt gewertet. 

#Siemens hat daraufhin, wie die gesamten deutschen Unternehmen einen Kodex erstellt, bei dem sich die Mitarbeiter verpflichten, alles zu unterlassen, was das Unternehmen schädigen könnte. Eine weitere Folge bei Siemens war ein totaler Umbau der Unternehmensstruktur, einhergehend mit einem radikalen #Personalwechsel. 

Es hat Jahre gebraucht, bis Siemens sich von diesem Dilemma erholt hat. Die Ertragskraft früherer Jahrzehnte ist bis heute noch nicht wieder erreicht. Für VW wird es ähnliche Einschnitte geben müssen, denn es reicht nicht den Skandal einfach auszusitzen. Neue Firmenlenker müssen über andere Strukturen nachdenken, hierarchische Elemente müssen aufgebrochen werden, Eigenverantwortung muss an Stelle von Einknicken, vielleicht sogar Unterwürfigkeit vor den Vorgesetzen in die die Führungsetagen einziehen. 

Nur so hat der Riesen-Konzern die Möglichkeit solche konspirativen kriminellen Aktivitäten im eigenen Haus unmöglich zu machen. Wenn sich allerdings am Ende der Aufklärungskampagne herausstellen sollte, dass die gesamte Konzernleitung, einschließlich des früheren Vorstandsvorsitzenden, späteren leitenden Aufsichtsrats-Chefs und Groß-Aktionärs Ferdinand Piëch vermutlich auch davon etwas wusste, dann steht es doch sehr schlecht um den VW-Konzern. 

Aber so weit wird es nicht kommen, der Patriarch weiß noch immer wie er die Strippen ziehen muss. 

Peter J. König

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