Samstagskolumne Peter J. König 14.02.2015

Wer hat eigentlich geglaubt, dass Putin Wort hält? 

Nach der erneuten Vereinbarung von Minsk in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag letzter Woche, kurzum Minsk 2 genannt, war so etwas wie vage Hoffnung aufgekommen. Alle haben sie gehofft, dass der Konflikt um die Ost-Ukraine doch noch am Verhandlungstisch zu lösen ist. In erster Linie natürlich die geschundenen Menschen im Donbass, in den Städten Donezk und Lugansk und wo sonst noch erbitterlich gekämpft worden ist. Die Menschen in der West-Ukraine sehnen sich ebenfalls nach einer Waffenruhe und nach einer friedlichen Lösung für ein ungeteiltes Land, wie die Hunderttausende, die vor den Kämpfen aus dem Osten geflohen sind und nicht wissen was mit ihren Habseligkeiten passiert, und ob von ihren Häusern und Bauernhöfe überhaupt noch etwas übrig geblieben ist. 

Aber auch der hohen Politik mit Angela Merkel und Francois Hollande, ja selbst dem amerikanische Präsident Obama konnte es nicht gleichgültig sein, dass Minsk 2 ein Erfolg wird. Für das deutsch-französische Verhandlungstandem ging es ja immerhin um die Reputation auf internationalem Parkett zu reüssieren. Die Europäer wollten zeigen, dass sie durchaus in der Lage sind mit Putin auf Augenhöhe zu verhandeln und nicht immer gleich nach dem großen Bruder in den USA rufen müssen. Dem amerikanischen Präsidenten wäre ein positives Ergebnis durchaus gelegen gewesen, hätte er doch in der Frage nach Waffenlieferungen für die ukrainische Armee sich weiterhin bedeckt halten können. 

Eine konfrontative Haltung gegenüber Angela Merkel wäre damit vom Tisch, denn die Kanzlerin hat sich dezidiert gegen solche Lieferungen ausgesprochen, während Barack Obama dies vom Erfolg von Minsk 2 abhängig gemacht hat. Auch Petro Poroschenko, der ukrainische Präsident will endlich wieder Herr im eigenen Land sein. Dazu gehört selbstverständlich auch die Ost-Ukraine und was noch wichtiger ist, die Möglichkeit die Grenze nach Russland in Eigenverantwortung wieder vollständig zu überwachen. 

Die Separatisten haben es über mehrere hundert Kilometer geschafft, die ukrainischen Grenztruppen von diesem Territorium zu vertreiben, mit der Folge, dass russisches Militär offen und getarnt mit schwerstem Gerät in die Ost-Ukraine eindringen konnte. Ohne diese massive Unterstützung war eine solche Offensivkraft der Separatisten gar nicht möglich. In welchem Umfang die Russen auf ukrainisches Gebiet eingefallen sind, lässt sich mit Hilfe westlicher Satelliten-Technik bestens beweisen. So hat die Nato bekannt gegeben, dass selbst nach Abschluss der Verhandlungen in Minsk mehrere Tausend russische Soldaten mit Panzern und Artillerie über die russisch-ukrainische Grenze gekommen sind. 

Putin hat eine solche militärische Unterstützung immer geleugnet und der russische Botschafter Grinin in Berlin hat in allen Talk-Shows immer behauptet, dies sei alles nur Propaganda, um Putin international zu verunglimpfen. Auf die Frage, woher so viel schweres Kriegsgerät in die Hände der Separatisten kommen konnte, hat er doch tatsächlich geantwortet, dies gäbe es auf dem freien Markt zu kaufen, oder und jetzt wird es völlig absurd, die ukrainische Armee hätte die Waffen überlassen, als sie sich aus dem Donbass-Gebiet zurück gezogen hat. Dreister kann die Aussage eines russischen Diplomaten kaum sein, zeigt sie doch, welche heuchlerischen Absichten damit verbunden sind. 

Die vereinbarte Waffenruhe sollte um 0 Uhr ukrainischer Zeit in der Nacht von Samstag auf Sonntag eintreten. Zwei Tage später war der Rückzug aller schweren Waffen auf beiden Seiten vereinbart, um eine kampffreie Zone zu erreichen. Doch wie abzusehen war, ist alles hinfällig. Zwar hat es Sonntagmorgen eine kurzfristige Einstellung des Granatfeuers und der Artillerie gegeben, weitestgehend, jedoch immer wieder durch einzelne Feuerstöße unterbrochen. Schon während des Sonntages erklärten beide Kriegsparteien, dass sie ihrem Gegenüber nicht trauen und an Rückzug überhaupt nicht zu denken ist. 

Internationale Beobachter der OSZE(Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) sollten vereinbarungsgemäß die Überwachung des Waffenstillstandes, aber auch der russisch-ukrainischen Grenze unmittelbar nach 0 Uhr am Sonntagmorgen übernehmen, dies wurde aber seitens der Separatisten verhindert. Schon im Laufe des Sonntags wurde klar, dass Minsk 2 nur noch an einem seidenen Faden hängt, ein Wieder-Aufflammen der Kämpfe ist nur noch eine Frage von Stunden, das Scheitern der Verhandlungen um einen Waffenstillstand in der Ost-Ukraine nur noch ein förmlicher Akt. 

De facto haben die Russen die kurze Feuerpause nur dazu benutzt, um weitere Verstärkung ins Kampfgebiet zu bringen. Wenn man sich den Verlauf der Verhandlungen von Putin, Merkel, Hollande und Poroschenko ansieht, muss man zu dem Schluss kommen, dass Putin ein falsches Spiel gespielt hat. 

Schon die Vereinbarungen waren wenig konkret, was auch die Separatisten zum Anlass genommen haben, zunächst die Unterschrift zu verweigern, um dann aber auf Drängen Putins doch noch zu unterzeichnen. Wie ist so etwas möglich,  wo der Kreml-Herr doch immer behauptet hat, sein Einfluss auf die pro-russischen Kämpfer sei minimal? Weiterhin haben sich die Separatisten geweigert den hart umkämpften Eisenbahnknotenpunkt Debalzewe in die neutrale Pufferzone mit ein zu beziehen, zu wichtig ist ihnen diese strategische Verkehrsader. 

Allmählich scheint klar zu werden, warum Putin am Morgen nach den Verhandlungen zwar ermüdet, doch recht vergnügt vor die Mikrofone der internationalen Presse getreten ist. Er hatte einen Coup gelandet, Merkel, Hollande und Poroschenko an der Nase herum geführt, ganz im Sinne eines russischen Bärenführers, der die Bärin und die Bären tanzen lässt. 

Die Separatisten hatte er damit beruhigt, dass die Feuerpause dazu benutzt würde, um weitere Kräfte ins Gebiet zu schleusen. Außerdem waren jetzt die Gelegenheiten zu einer kurzfristigen Erholung und die Möglichkeit sich taktisch besser zu positionieren. Ein Umsetzen der Minsker Klauseln lag ernsthaft weder in Putins Absicht noch in der Bereitschaft der pro-russischen Abspalter. Zugeständnisse jedweder Art haben allein dazu gedient, die Gegenseite einzulullen. 

Warum sollte Putin ein Rückzieher machen, wo die Separatisten doch zusehends Gelände-Gewinne erreichten, um das Gebiet eines zukünftigen autonomen Neu-Russlands erheblich zu vergrößern? 

Kommen wir zurück zu der Eingangsfrage. Wer hat eigentlich geglaubt, dass Putin Wort hält? Besonders alle Betroffenen hätten es so unbedingt wahr haben wollen. Die Realität sieht leider anders aus. Putin bleibt seiner Linie treu und wird mit allen Mitteln seine Großmachst-Pläne weiterhin brachial verfolgen. Dazu gehört neben der Abspaltung der Krim auch die Übernahme großer Teile der Ost-Ukraine mit einer ungewissen Zukunft für die gesamte Ukraine. 

Der Kreml-Zar scheint den Zustand eines Despoten nicht nur zu genießen, er ist auch auf dem besten Weg, immer weiter an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Sein jetziges Verhalten macht die Welt nicht sicherer und wird eine massive Aufrüstung überall in der Welt zur Folge haben. 

Erstaunlich wie doch Geschichte sich immer wiederholen kann!

Peter J. König

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