Samstagskolumne Peter J. König 22.02.2014

Eine friedliche Lösung für die Ukraine kann nur in einem gemeinsamen Erfolg von EU, Russland und den USA liegen. 

So schnell wird Geschichte fortgeschrieben. Was eben noch langwierig bis unmöglich schien, ist binnen weniger Stunden eingetreten. Wer hat geglaubt, dass nach dem Kompromisspapier zwischen Janukowitsch, dem amtierenden Präsidenten der Ukraine und dem Oppositionsbündnis in Kiew, entstanden unter tatkräftiger Mithilfe der drei Außenminister von Frankreich, Polen und Deutschland, es nur wenige Stunden dauern würde, bis das Terrorregime des Despoten Victor Janukowitsch ein jähes Ende finden würde ?

Kaum war das Abkommen unterschrieben, das ihn noch immer bis Ende des Jahres im Amt verbleiben lassen sollte, begann er auch schon sein Luxusdomizil, die berüchtigte Meschihirija, einen Landsitz außerhalb von Kiew, der schwer bewacht, mehr einem sowjetischen Disneyworld ähnelt, mit Hilfe zahlreicher Lkws zu räumen. Er selbst hat sich mit dem Hubschrauber in den Osten des Landes ausfliegen lassen, bei Nacht und Nebel, ohne ein Ziel anzugeben. Der Diktator hat sich aus dem Staub gemacht und seine Schätze mitgenommen. Zurück blieb allerdings eine Unzahl von Dokumenten, nicht alles konnte vor der überstürzten Flucht vernichtet werden. 

Es war eng für Janukowitsch geworden. Im Laufe des letzten Samstags, nachdem in der Nacht das Parlament verschiedene Gesetze verabschiedet hatte, die die Macht des Präsidenten einschränkte, da die alte Verfassung wieder eingesetzt wurde, die verhafteten Oppositionellen sofort freisprach und die ehemalige Präsidentin Julia Timoschenko aus der Haft entließ, haben sich Teile der Polizei und der Armee auf die Seite der Opposition geschlagen. Das Machtgebilde Janukowitsch bröckelte zusehends. Der Diktator wird sich wohl an das unrühmliche Ende von Rumäniens Despot Ceaucescu erinnert haben, er wollte nicht so wie dieser mit einer Kugel im Kopf in einem Kellerverließ enden. Deshalb hat er sich aus dem Staub gemacht.

Immerhin kann er sich mit Hunderten von Millionen Euro, die er für sich und seine Familie dem ukrainischen Volk abgepresst hat, überall auf der Welt ein Leben in Luxus leisten. Wozu also noch ein Risiko eingehen? Außerdem war ihm klar geworden, dass er den Rückhalt bei Putin verloren hat. Auch seine Oligarchenfreunde haben ihn fallen lassen, die marode Wirtschaft ist ihren Geschäften nicht mehr zuträglich. Somit war es höchste Zeit zu verschwinden. Derweil machte sich das Volk am Samstag auf den Weg, um sich selbst zu überzeugen, was hinter den hohen Mauern der schwerbewachten Privat-Datscha ihres kommunistischen Schlächters, der brutal die Menschen auf dem Majdan von Scharfschützen ermorden ließ, abging. 

Einige heimlich aufgenommene Bilder von diesem Luxusanwesen waren schon ins Internet gelangt, jetzt wollte man selbst sehen, was es damit auf sich hat. Nachdem die Wachen sie nicht mehr aufhielten, sie waren ebenfalls zur Opposition übergelaufen, bot sich den Menschen ein Bild von nie vermutetem Luxus. In einem riesigen gepflegten weitläufigen Park, der viele Hektar umfasst entlang des Dnjepr, dem Fluss an dem auch Kiew liegt, gibt es mehrere Golfplätze, einen Privatzoo mit exotischen Tieren und in einer Bucht des Dnjepr liegt der Nachbau einer spanischen Galeone, die als Bar und Tanzpalast diente. Großzügige Orangerien und Gewächshäuser bilden ein Ensemble mit dem Hauptsitz und verschiedenen weitläufig verstreuten Gästehäusern. Und alles strotzt vor Prunk und Protz. 

Sowjetische Großmannssucht ist unverkennbar. Ergänzt wird das Ganze durch die Sammlungen von Luxuskarossen, Yachten und Hubschraubern, Swimmingpools und Saunen, künstlichen Grotten und Teiche, dazu Gartenarchitektur, die den Vergleich mit englischen Landsitzen nicht zu scheuen braucht. Dieses alles bekamen die Menschen zu Gesicht vor dem Hintergrund ihres eigenen wirtschaftlichen Niedergangs, der herrschenden Korruption und dem drohenden Bankrott ihres Landes. Im Gegensatz zu anderen Revolutionen im Ostblock haben sich die Ukrainer allerdings diese Anhäufung von kaltem Luxus aus Gold sehr diszipliniert angesehen, ohne in einem ersten Anfall von Wut alles kurz und klein zu schlagen. Doch konnten sie hautnah miterleben, wie maßlos sich hier bereichert wurde. Mittlerweile sind auch Janukowitschs Getreue von ihren Ämtern zurückgetreten. Auch ihnen ist der Boden zu heißgeworden, sie sind nicht gewillt ihren Kopf für das Regime hinzuhalten. 

Doch was bedeutet dieses nun für die Ukraine und wie wird es dort weitergehen? Eines muss vorweg gesagt werden: Zwar ist Janukowitsch vertrieben, dies bedeutet aber noch lange nicht, dass damit das Land nunmehr sich demokratisch stabilisieren wird. Die Opposition auf dem Majdan war auch bisher nie eine geschlossene Vereinigung von Regime-Gegnern. Alle möglichen Gruppierungen haben sich dort eingefunden, von friedlich demonstrierenden Bürgern, über europaorientierte demokratische Parteianhänger der Mitte, dazu starke nationalistische Kräfte mit rechtsradikalen Parolen bis hin zu gewaltbereiten Hooligans aus der Fußball Szene. Trotz aller Appelle war es Vitali Klitschko schon während den Demonstrationen auf dem Majdan nicht gelungen die Radikalen in den Griff zu bekommen. Sie alle hat nur ein Ziel zusammen gehalten, nämlich der Sturz Janukowitschs. 

Nur mit Mühe und mit Hilfe des polnischen und deutschen Außenministers war es überhaupt gelungen die Rechtsradikalen und Nationalisten zur Unterschrift unter das Kompromisspapier mit Janukowitsch zu bewegen. Für diesen Erfolg wurde Klitschko anschließend auf dem Majdan ausgebuht, ihm wurde angekreidet, dass er Viktor Janukowitsch nach der Unterschrift den Handschlag nicht verwehrt hatte. Fakt jedoch ist, dass diese Unterschrift das schnelle Ende des Despoten gebracht hat. Trotzdem ist die Lage in Kiew und in der Ukraine sehr instabil. Sofort nach ihrer Entlassung aus der Haft hat Julia Timoschenko bei ihrem Auftritt auf dem Unabhängigkeitsplatz ihren Anspruch auf das Präsidentenamt artikuliert, wenn es im Mai zur Wahl eines neuen Parlaments und eines Präsidenten kommt. Bis dahin wurden die Ämter der Interimskandidaten sowohl beim Parlamentsvorsitz, als auch bei der Präsidentschaft von engsten Vertrauten Timoschenkos besetzt.

Viele Menschen sehen darin keinen Fortschritt in der Ukraine. Sie sind überzeugt, dass mit den alten politischen Kräften, wie sie auch heißen mögen, ein wirklicher politischer Wandel, die Bekämpfung der Korruption, die Belebung der Wirtschaft und ihre Stabilität zwischen Russland und der EU nicht möglich ist. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Putin für seine Interessen zwar Janukowitsch hat fallen lassen, die Ukraine aber noch lange nicht. Noch immer will er das Land in seinen eurasischen Wirtschaftsverbund eingliedern, zum uneingeschränkten Nutzen von Russland und seinen Ansprüchen wieder zu den Großmächten zu zählen. Zudem haben die Menschen in der Ukraine den rasanten wirtschaftlichen Aufstieg von Julia Timischenko während ihrer Präsidentschaft nicht vergessen. Durch die Ölgeschäfte mit Russland hat sie in dieser Zeit ein Millionenvermögen angehäuft. Viele sind davon überzeugt, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. 

Jetzt nach der zweiten Revolution in der Nach-Ära der Sowjet-Union haben sie die Schnauze voll von allen politischen Gewinnsüchtlern, die primär ihr eigenes Wohl im Focus haben. So wurde auch auf dem Majdan angekündigt, dass man zunächst den Platz nicht räumen wolle, bis eine demokratische neue Regierung im Amt ist, mit einem Präsident, der allein die Interessen des Landes im Auge hat. Sollte dieses nicht möglich sein, wäre man bereit erneut auf die Barrikaden zu gehen. Doch wer bestimmt, was das Wohl des Landes ist?

Neben den genannten Kräften auf dem Majdan kommen bei den nächsten Wahlen die östlichen und südlichen Provinzen, überwiegend unter russischem Einfluss mit ins Spiel. Schon jetzt gibt es dort Strömungen, die das Land spalten wollen, um sich Russland anzuschließen. Ergebnis könnte der Zerfall der Ukraine sein, mit unübersehbaren Folgen. Dieses gilt es unbedingt zu verhindern, auch um die Stabilität in Europa insgesamt zu gewährleisten. Experten sprechen nicht umsonst von der gefährlichsten Lage nach dem Zerfall der Sowjet-Union in diesem Abschnitt der Welt. Da die Machtinteressen Russlands und der westlichen Welt hier unmittelbar aufeinandertreffen, ist es nicht ratsam allein aus geopolitischem Machtzuwachs die Russen zu übergehen, gar zu düpieren. 

Eine friedliche Lösung für die Ukraine kann nur in einem gemeinsamen Erfolg von EU, Russland und den USA liegen. Nur wenn alle drei Machtblöcke sich einig sind, geht es wieder aufwärts mit dem Staat und den Menschen in der Ukraine, einem Land, das flächenmäßig das zweitgrößte in ganz Europa ist und irgendwann einmal zur Europäischen Gemeinschaft gehören möchte. Wie es ist eine Sowjet-Republik zu sein, dieses haben die Menschen lang genug erlebt. Sie wollen es nicht noch einmal erleben, die meisten jedenfalls. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 08.02.2014

Was soll aus Olympia werden, wenn nur noch totalitäre Staaten in der Lage sind, die Spiele zu veranstalten, mit all den Erscheinungen, die so ganz gegen den olympischen Gedanken von Fairness und Toleranz stehen?

Während alle Welt den Blick nach Sotchi auf die olympischen Winterspiele richtet, wo Putin seine imperiale Größe versucht zu demonstrieren, gehen unterdessen die Konflikte, politischen Ränkespiele und militärischen Auseinandersetzungen rund um den Globus weiter. Erfahrungsgemäß treten die Schlagzeilen dieser Ereignisse in den Hintergrund, für gut zwei Wochen hat der Wintersport zuallererst die ganze Aufmerksamkeit für sich. 

Über die Vergabe der Spiele, den Bau der Sportstätten, den politischen Beigeschmack, Korruption und Putin´s Selbstinszenierung wurde im Vorfeld in allen Medien ausführlich berichtet. Nach alledem muss doch ernsthaft hinterfragt werden, ob diese Art von olympischen Spielen es überhaupt noch wert sind, einen solchen Namen zu tragen. Längst sind die Ideale des Gründers der neuzeitlichen Spiele dem Schweizer Baron de Coubertin über Bord geworfen worden. Der Vergleich mit der Olympiade in der Antike war sowieso nie möglich, zu machtbesessen hat sich die Geschichte der Menschheit in der Zwischenzeit entwickelt. 

Allein die Tatsache, dass die Waffen zwischen den Völkern, die sich zum friedlichen, sportlichen Wettkampf in Olympia trafen, während dieser Zeit ruhten, also es keine Kriegshandlungen zwischen den teilnehmenden Völkern gab und dies für einen vielmonatigen Zeitraum, bis die Spiele beendet waren, dieses Ideal konnte in der Neuzeit zu keinem Zeitpunkt erreicht werden. Auch die Tatsache, dass allein der Olympionike im Mittelpunkt des Interesses aller Teilnehmer im antiken Griechenland gestanden hat, beschützt von den Göttern, wurde in der Neuzeit von Anfang an nicht erreicht. Die modernen Spiele entwickelten sich sofort zur Leistungsschau der teilnehmenden Staaten und sie wurden bei der Olympiade 1936 in Berlin endgültig zur Selbstdarstellung Adolf Hitlers und der Nazis auf die perfideste Weise missbraucht. 

Nazi-Deutschland wollte der Welt gegenüber nicht nur Überlegenheit demonstrieren, es sollte auch von den verbrecherischen Aktivitäten gegenüber der jüdischen Bevölkerung und der Despotie gegen das gesamte deutsche Volk ablenken. Diese Form der Selbstinszenierung hat es auch bei späteren Olympischen Spielen gegeben, man denke nur an Moskau, Peking und jetzt in Sotchi. Die Absicht war immer die gleiche. Nach außen hat man sich weltoffen und modern gegeben, bei der Durchsetzung der Spiele aber wurden mit staatlicher Willkür und aller Macht die gigantischen Bauvorhaben ohne Rücksicht auf Betroffene die Projekte erzwungen. Dieses war auch in Sotchi nicht anders. 

Putin ist in den Südkaukasus gefahren und hat vom Fleck weg bestimmt, wohin die Winterspiele gebaut werden. Was kümmerte ihn da die Umweltzerstörung, der Wille der hier lebenden Menschen und der Gigantismus bei der Ausführung, geschweige denn die vielen Milliarden, die hier verpulvert worden sind und letztendlich den Dörfern nicht einmal eine moderne Infrastruktur gebracht haben. Zurück bleiben leerstehende Prunkbauten, die zu nichts mehr nütze sind, oder glauben die Betreiber tatsächlich, dass der russische Geldadel demnächst St. Moritz, Davos, Gstaad, Lech oder St. Anton mit Sotchi tauschen wird, um ihren Wintervergnügungen nachzugehen? Bis dahin haben aber die Initiatoren längst ihre Interessen erreicht. Putin hat seine Macht der ganzen Welt demonstriert, seine Oligarchenfreunde haben Milliarden kassiert und dem russischen Volk im ganzen Riesenreich wurde vor gegaukelt, wie erfolgreich dieses neue Russland unter Putins Führung ist, ganz auf Augenhöhe mit anderen modernen Staaten. 

Aber wären da nicht die oppositionellen Demonstrationen, die Unterdrückung der Homosexuellen, sowie der Journalisten bei der freien Berichtserstattung, ebenso eine fragwürdige Justiz und der fortschreitende Mangel an Rechtsstaatlichkeit, man wäre geneigt zu glauben, Russland hätte sich auf den Weg in die Moderne gemacht. Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall, die politischen und demokratischen Errungenschaften, die nach dem Zerfall der Sowjet-Union mit Hilfe von Gorbatschow erreicht worden sind, wurden in der Ära Putin systematisch unterwandert und ausgehöhlt. Da können auch keine noch so imposanten Stadien und Prachtfassaden darüber hinweg täuschen. Die russische Staatsmacht ist allgegenwärtig, wer sich ihr widersetzt, muss mit drastischen Strafen rechnen. Noch immer hat das Individuum in Putins Reich kaum eine Bedeutung. 

Allein sein Wille und das wirtschaftliche Interesse seiner ergebenen Freunde bestimmt, was in Russland passiert. Spätestens jetzt sollte das Olympische Komitee unter der Leitung seines Vorsitzenden Thomas Bach, ebenfalls ein Olympier, der als Fechter die Goldmedaille errungen hatte, sich der Ideen der olympischen Charta zurück besinnen. Olympische Spiele dürfen nicht mehr erkauft werden, nicht mehr auf dem Rücken von nicht bezahlten Bauarbeitern und Sicherheitspersonal stattfinden, deren Arbeitsbedingungen menschenunwürdig sind. Außerdem sollte man nach den demokratischen Spielregeln der Länder fragen, die sich um die Spiele bewerben. Und da bekanntlich der Fisch am Kopf anfängt zu stinken, ist es höchste Zeit, das Internationale Olympische Komitee selbst auf den Prüfstand zu stellen, denn auch hier spielen Korruption, Vetternwirtschaft und persönliche Interessen eine nicht unwesentliche Rolle.

Reform tut Not, denn ansonsten wird sich die immer stärker werdende Ablehnung die Spiele auszurichten weiter verstärken, denn nicht nur in Bayern wurde gegen eine Ausrichtung seitens der Bevölkerung votiert, dies geschah ebenso in Österreich, in der Schweiz und auch in Schweden. Aber was soll aus Olympia werden, wenn nur noch totalitäre Staaten in der Lage sind, die Spiele zu veranstalten, mit all den Erscheinungen, die so ganz gegen den olympischen Gedanken von Fairness und Toleranz stehen?

Dies wäre das Ende von Olympia, das Ende einer Idee eines friedlichen Miteinanders, eines fairen Messens der Jugend der Welt, eines fröhlichen Kennenlernens untereinander und der Chance vielleicht einen Ehepartner zu treffen, so wie dies bei dem weltberühmten Schweizer Tennisspieler Roger Federer der Fall war, der bei den Olympischen Spielen seine spätere Frau, eine tschechische Tennisspielerin, die ebenfalls an der Olympiade teilgenommen hatte, kennen und lieben zu lernen. Wie zu Anfang erwähnt, sollte man sich nicht zu sehr von dem Trubel und der Begeisterung über erreichte Siege der Athleten in Sotchi hinreißen lassen, denn die Politik hat ihre eigene Methode mit diesen Erfolgen umzugehen.

Nicht zum ersten Mal kann es passieren, dass gerade dann wenn die Euphorie ordentlich hoch schwappt, die politisch Verantwortlichen Gesetze verabschieden, die dann kaum beachtet werden, aber zu einer anderen Zeit durchaus kontroverse Diskussionen und Widerspruch ausgelöst hätten. Und dies ist beileibe keine Methode, die deutsche Politiker alleine gerne praktiziert haben. In allen Demokratien greift man auf solche Maßnahmen zurück, denn es ist zu verlockend, auf diese Weise unangenehme Kröten das Volk schlucken zu lassen, wenn es davon kaum Notiz nimmt. 

 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 01.02.2014

"Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg." (Mahatma Gandhi) 

Wenn es auch zwischenzeitlich so schien, als würde sich an den Brennpunkten der Welt, in Syrien, in der Ukraine, in Ägypten oder aber im Iran-Konflikt etwas bewegen, so muss doch festgestellt werden, dass kaum Veränderungen zum Positiven zu registrieren sind. Trotz aller Verhandlungen in Genf hat sich an der Situation in Syrien nichts geändert, ganz im Gegenteil, Assad sieht sich gestärkt, ohne ihn gibt es keine Verhandlungen, damit sitzt er fester denn je im Sattel. Von den Verhandlungsergebnissen der letzten Wochen wurde nichts umgesetzt, in Homs, in Aleppo und in den Vorstädten von Damaskus werden die Menschen weiterhin massakriert.

Die Hubschrauber der syrischen Luftwaffe werfen verstärkt sogenannte Fassbomben über den vermeintlich von Aufständischen besetzten Stadtteilen ab. Dabei werden fast ausschließlich Zivilisten getötet, Männer, Frauen und Kinder, die dort zuhause sind und mit dem Bürgerkrieg nichts zu tun haben. Die Sprengkraft und die Folgen dieser Fassbomben sind verheerend. Diese Tonnen sind mit großen Mengen Sprengstoff und Eisensplitter gefüllt und wenn sie über bewohntem Gebiet abgeworfen werden, zerstören sie nicht nur die Gebäude sondern diese Eisensplitter zerfetzen alle Lebewesen in weitem Umkreis. Ein Entrinnen ist unmöglich, da es kaum Schutz vor diesen Mörderinstrumenten gibt. Hinzu kommt noch, dass gegen sie durch die große Höhe von der sie abgeworfen werden keinerlei Gegenmaßnahmen ergriffen werden können, jeglicher Flakbeschuss ist wirkungslos. Zurück bleiben zerfetzte Körper und zerstörte Straßenzüge, während die internationale Gemeinschaft zusieht, wie Assad alle Zusagen, die Zivilbevölkerung mit Lebensmittel versorgen zu lassen und Frauen und Kinder aus den umkämpften Städten zu evakuieren einfach ignoriert. Anstatt Lebensmittel durch die UNO gibt es Fassbomben schlimmster Machart, welch eine Apokalypse und welch ein Armutszeugnis für die Großmächte, die nicht in der Lage sind gemeinsam diesem Morden ein Ende zu setzen.

Im Irankonflikt, es geht um das Atomprogramm, das das Land seit einiger Zeit betreibt und von dem befürchtet wird, dass es letztendlich zum Besitz von Atombomben führt, sah es zuletzt so aus, als sei die neue Führung in Teheran bereit, auf die nukleare Aufrüstung zu verzichten, um sich den Überprüfungen der internationalen Atombehörde zu unterwerfen. Danach kam es zur Lockerung von Boykottmaßnahmen seitens der westlichen Staaten, sodass der Iran sich wieder am internationalen Wirtschaftsverkehr in einem begrenzten Umfang beteiligen kann. Für die iranische Bevölkerung ist dies zweifellos eine Erleichterung, sie hat nachhaltig unter den Handelsbeschränkungen leiden müssen. Zudem ist es wieder zu einer Kontaktaufnahme zwischen den USA und dem Iran gekommen, die Erstürmung der amerikanischen Botschaft in Teheran vor vielen Jahren hatte zu einem diplomatischen und wirtschaftlichen Stillstand zwischen beiden Ländern geführt.

Auf der Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende in München sollen Gespräche zwischen den Außenministern beider Länder zur Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen geführt werden. Während die westlichen Staaten auf eine Lösung dieses Atomkonfliktes hoffen, sieht sich Israel verstärkt in einer isolierten Lage. Die Atombombe in iranischer Hand bedeutet für sie ein Höchstmaß an Bedrohung, sie fürchten ausgelöscht zu werden. In der Vergangenheit hat es solche Drohungen seitens der iranischen Führung durchaus gegeben. Verständlich, dass die israelische Regierung den Aussagen der Iraner nicht traut, wenn sie wie auch jetzt in München immer wieder betonen, ihr Atomprogramm diene ausschließlich zivilen Zwecken. 

In der Vergangenheit wurden jedoch andere Erkenntnisse bekannt, allgemein waren sich die Experten sicher, dass es noch knapp ein Jahr dauern würde, bis der Iran endgültig im Besitz einer Atombombe ist. Diese Erkenntnis hat nicht nur Israel in Angst und Schrecken versetzt, alle Staaten des Nahen Ostens waren alarmiert, einschließlich der Türkei und Saudi-Arabiens, Länder mit starken konventionellen Streitkräften. Sie alle sahen die militärische Balance gefährdet, was einen Krieg in der Region nicht unwahrscheinlicher gemacht hätte. Der Wechsel an der Spitze der Regierung in Teheran und der Wunsch die Isolation zu überwinden, hat zu einer gewissen Deeskalation zwischen dem Westen und dem Iran geführt, ein Heilsversprechen darf man darin aber nicht sehen. Noch immer ist nicht restlos geklärt, ob der Wunsch nach der "Bombe" auf Seiten des Iran nun endgültig vom Tisch ist. Und wieder einmal bewahrheitet sich in diesem Fall der Satz: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser".

Noch vor einer Woche schien es so, als würde die Opposition in Kiew einen politischen Wechsel in der Ukraine nun doch relativ zügig zuwege bringen, nachdem Janokowitsch in Gesprächen mit den drei Oppositionsführern Zugeständnisse einräumte und die verschärften Gesetze gegen Demonstrationen per Abstimmung im Parlament zurück zu nehmen gewillt war. Es hat sich aber herausgestellt, dass diese Zugeständnisse durchaus vergiftet sind. Janokowitsch macht die Auflösung der Regierung, eine grundsätzliche Forderung der Opposition, von der Räumung der staatlichen Gebäude und des Majdan, dem Unabhängigkeitsplatzes in Kiew und dem Zentrum des Widerstandes abhängig. Auf seinen Rücktritt und damit verbundene Neuwahlen, ebenso die Einsetzung der alten Verfassung, die eine Einschränkung der präsidialen Macht vorsah, ist er überhaupt nicht eingegangen. Dagegen hat das Militär aber indirekt gedroht, im Falle des Ausnahmezustands, von der amtierenden Regierung ausgesprochen, hart durchgreifen zu wollen, um den Protesten ein Ende zu setzen. Hier zeigt sich der wahre Janokowitsch. Mitnichten geht es ihm um die Lösung des Problems in der Ukraine, gar um die Demokratisierung des Landes und um die Selbstbestimmung der Menschen. Er will seinen Machtapparat sichern, dabei sind ihm alle Mittel recht. Hat er bisher auf Zeit gespielt, so scheint er demnächst mit brachialer Gewalt die Opposition unterdrücken zu wollen. 

Allein die Tatsache, dass am kommenden Freitag die Olympischen Winterspiele in Sotchi beginnen, Putin während dieser Zeit aber nicht gestört werden will, um ein glanzvolles Prestigefest für sich und Russland zu feiern, ist der Grund, dass die Opposition von Janokowitsch noch auf dem Majdan geduldet wird. Dies weiß auch Vladimir Klitschko, der bekannteste der drei Oppositionsführer. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat er deshalb am Wochenende mit einer Vielzahl von wichtigen internationalen Politikern, so dem amerikanischen und deutschen Außenminister, verschiedenen Verteidigungsministern westlicher Länder, aber auch mit der Bundeskanzlerin in Berlin über die gefährliche Lage für das ukrainische Volk gesprochen. Während sich die Bundesregierung zurück gehalten hat, wurde vom amerikanischen Außenminister signalisiert, dass sich die USA durchaus Maßnahmen gegen die Regierung Janokowitsch vorstellen können. Zurück in Kiew hat Klitschko die Menschen aufgerufen, Bürgerwehren zu bilden und damit sich nicht dem Willen der prorussischen Regierung zu beugen, falls es zu dem erwarteten Ausnahmezustand kommen sollte.

All dieses zeigt deutlich, dass die Lage in der Ukraine sehr explosiv ist. Gestern noch schien das Land auf dem Weg zu sein, den Demokratisierungsprozess wieder aufzunehmen, heute ist es von den Launen und dem Wohlgefallen Putins abhängig und sie können nur hoffen, dass Russland Olympiasieger im Eishockey wird, sonst ist der russische Bär sofort richtig böse. 

 Peter J. König