Samstagskolumne Peter J. König 25.01.2014

Krisen weltweit und kein Ende abzusehen.

Nachdem wir zuletzt uns mit der innenpolitischen Lage Deutschlands und der Bespitzelung durch die amerikanische NSA befasst haben, wird es höchste Zeit sich mit den außenpolitischen Krisen, sprich Bürgerkriegen und Aufständen an einigen Brennpunkten dieser Welt zu beschäftigen. Wer geglaubt hat, dass der Jahreswechsel eine gewisse Entspannung, gar einige Konflikte weniger gebracht hat, muss enttäuscht feststellen, dass dem nicht so ist, ganz im Gegenteil. 

Zu nennen ist da Syrien, wo es in Genf bei der Konferenz zu ersten Annäherungen gekommen ist und jetzt Frauen und Kinder die eingeschlossene Stadt Homs verlassen können. Über Monate haben die Menschen keine Lebensmittel und Medikamente bekommen. Ebenso sollen Hilfsgüter in die zerbombten Vororte von Damaskus gebracht werden können. In Ägypten herrscht Terror mit Bombenattentaten und blutigen Zusammenstößen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen. Besonders in der Ukraine geht der Machtkampf zwischen Janukowitsch, dem Präsident und der Opposition, mit dem ehemaligen Boxweltmeister Vladimir Klitschko unverändert weiter und mittlerweile wohl in die entscheidende Phase. Vorausgegangen sind Gesetzesverschärfungen, um der Opposition das Recht auf Versammlungsfreiheit und Protestaktionen weitestgehend zu verbieten und mit drastischen Strafen zu belegen. Dies hatte die Radikalisierung der seit Monaten auf dem Majdan, dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew ausharrenden Widerständler zur Folge. 

Um diese fast bürgerkriegsähnliche Situation zu verstehen, die meist jungen Menschen riskieren dabei Leib und Leben, nachdem es zuletzt auch zu mehreren Toten unter den Oppositionellen gekommen ist, muss man sich die politische Lage in der Ukraine einmal näher betrachten. Früher war das Land eine Teilrepublik der Sowjet-Union und unterstand damit automatisch dem Willen der Kreml-Herren. Nach dem Zerfall des sowjetischen Riesenreiches erklärte sich die Ukraine zwar für unabhängig, aber der Einfluss Moskaus war speziell im Osten des Landes durch die Russen gewaltig. Hier im Donezk-Becken befinden sich die Kohlengruben und Erz-Minen, die den Reichtum des Landes ausmachten. Zudem ist der überwiegende Bevölkerungsanteil russischer Abstammung, familiäre Bindungen nach Russland sind vielfältig. Aus diesem Umfeld stammt Janukowitsch, ebenfalls russischer Abstammung und ehemals ein führender Politapparatschik von Kremls-Gnaden. 

Wie in Russland auch haben einige dieser Parteifunktionäre nach der Unabhängigkeit sich der ehemals staatlichen Betriebe bemächtigt und sind zu Oligarchen mutiert, die sich Milliardenvermögen unter den Nagel gerissen haben. Janukowitsch wurde ihr politisches Aushängeschild, das die Interessen dieser Clique bei den ersten freien Wahlen und auch später vertreten hat. Ihn und seine Söhne hat dies ebenfalls in kürzester Zeit zu vielfachen Millionären gemacht. Die westlichen Landesteile der Ukraine sind überwiegend von Menschen bevölkert, deren Ethnien in den baltischen Staaten und in Polen zuhause sind. Dies ist per se schon immer Konfliktpotential gewesen, was sich aber durch die ungleiche Behandlung der beiden großen Landesteile bezüglich der staatlichen Unterstützung bei der Verteilung von Steuergeldern noch verstärkt hat. 

Im Zuge dieser Auseinandersetzungen kam es dann vor einigen Jahren zu der "Orangenen Revolution", die nicht nur eine westlich orientierte Regierung bei den folgenden Wahlen etablierte, sondern auch Frau Timoschenko, die damalige Oppositionsführerin an die Macht brachte. Nach erbitterten Auseinandersetzungen innerhalb des Regierungslager, wobei auch wieder Korruption eine entscheidende Rolle gespielt haben soll, aber auch die Unfähigkeit die Wirtschaft in Gang zu bringen, um den rasanten Anstieg der Massenarbeitslosigkeit zu stoppen, kam es bei den nächsten Wahlen erneut zu einem Machtwechsel und jetzt war Janukowitsch am Ruder. Dabei soll es gerade im Osten der Ukraine zu massiven Wahlfälschungen gekommen sein. Zudem hat Putin kräftig mitgeholfen, die Ukraine an den Rand der Zahlungsunfähigkeit zu treiben, einerseits weil er zu Timoschenkos Zeiten die Kosten für Öl- und Gasliegerungen drastisch erhöht, andererseits aber die Gebühren für die Durchleitung dieser Rohstoffe nach Westen über ukrainisches Hoheitsgebiet massiv gesenkt oder weitestgehend ausgeschaltet hat durch den Bau neuer Pipelines unter Umgehung der Ukraine. Energiepolitisch hängt das Land am Tropf von Russland. 

Wenn die Russen den Hahn zudrehen, was immer wieder einmal als Druckmittel eingesetzt wird, gehen in der Ukraine nicht nur die Lichter aus, die Wirtschaft bricht zusammen und die Menschen erfrieren in den eigenen vier Wänden, eine flächendeckende Versorgung ist nicht mehr möglich. Damit die Ukraine nicht erneut nach Westen in Richtung EU abdriftet, hat Janukowitsch mit Putin Geheimverträge abgeschlossen, um die Ukraine langfristig an Russland zu binden. Außerdem wurden die Öl- und Gaspreise gesenkt und das Land mit einem Milliardenkredit vor dem Bankrott gerettet. Anstehende Verträge mit der Europäischen Union zwecks Unterstützung und Annäherung wurden auf Eis gelegt, jegliche westliche Ausrichtung sollte unterbunden werden, denn die Ukraine als EU-Mitglied, gar als Nato-Partner wäre der Super Gau für Putin und seine Ansprüche Russland wieder zu einer Großmacht zu verhelfen. Wie weit die Ukraine unter Janukowitsch seine Rechtsstaatlichkeit eingebüßt hat, mit der es auch früher schon nicht besonders weit her war, um es einmal vorsichtig zu formulieren, hat der Schauprozess gegen Timoschenko gezeigt. Die ehemalige Präsidentin wurde ins Gefängnis gesteckt, weil sie angeblich den Russen zu viel für die Öllieferungen bezahlt hat und auch noch Schmiergeld dafür genommen haben soll. 

Bei den letzten Parlamentswahlen konnte sich Janukowitsch erneut eine hauchdünne Mehrheit sichern. Unabhängige Beobachter führen dies aber nur auf einen massiven Wahlbetrug zurück. Die parlamentarische Opposition wurde durch die Parteigründung von Vladimir Klitschko und einiger westlich orientierter Politiker verstärkt und haben es auf Anhieb ins Parlament geschafft. Ziel der gesamten Opposition ist es, Janukowitsch und seine kommunistische prorussische Partei abzulösen, um einen Kurswechsel in der Ukraine herbei zu führen. Besonders die Jugend in der ganzen Ukraine sieht keine Zukunft für sich und das Land als Anhängsel von Russland, es zieht sie in die Länder Westeuropas und sie möchten den Lebensstiel des Westens, aber auch die demokratischen Freiheiten haben. Somit war der Auslöser ihres aktiven Protestes und des Widerstands der Ausverkauf ihres Landes an Putin und sie begannen friedlich in Kiew auf dem Majdan zu protestieren. 

Mittlerweile hat es Straßenschlachten mit den Sicherheitsverbänden und Tote gegeben. Außerdem wurden einige Ministerien besetzt. Klitschko hatte dabei alle seine Kraft und Überredungskunst aufzubringen, damit es einigermaßen ruhig geblieben und zu keinem Blutbad gekommen ist. Um seine Haut, sprich sein Amt zu retten, hat Janukowitsch am Wochenende der Opposition den Posten des Regierungschefs und dessen Stellvertreter angeboten. Dies wurde jedoch strikt abgelehnt, denn die Forderungen sind mittlerweile unmissverständlich auf den Rücktritt des Präsidenten und seiner gesamten Regierung gerichtet. Die Chancen dazu stehen nicht schlecht, denn fast in der ganzen Ukraine wurden regionale Regierungsgebäude besetzt, Rathäuser zu oppositionellen Büros umfunktioniert, auch in den ehemals prorussischen Provinzen. 

Es scheint nur noch eine Frage von Tagen zu sein, bis Janukowitsch aufgibt, zurücktritt und seine Millionen in Sicherheit bringt. Letztendlich wird es aber darauf ankommen, wie sich das Militär, die Polizei und die berüchtigten Truppen des Innenministeriums positionieren. Erst wenn sie sich neutral verhalten oder sich klar auf die Seite der Opposition stellen, wird nach dem Rücktritt Janukowitschs und nach Neuwahlen der Weg der Ukraine nach Europa frei sein. Dabei muss die EU aber auch bereit sein die Ukraine zu begleiten und zu unterstützen, denn mit Putin und Russland im Rücken wird dies noch schwer genug werden.

 Peter J. König

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