Samstagskolumne Peter J. König 10.11.2012

Außenpolitische Veränderung  in Obamas  zweiter  Amtszeit !

Der Hype um Obamas Wiederwahl hat sich allmählich gelegt, der Pulverdampf um die teuerste Medienschlacht, die je um das amerikanische Präsidentenamt stattgefunden hat, man spricht von etwa 6 Milliarden US-Dollar, hat sich verzogen und das Fazit für Obama bleibt, dass sich nichts für ihn geändert hat, zumindest was die Problemlage innerhalb und außerhalb der USA angeht. Trotzdem hat die Wahl deutlich gemacht, womit zukünftig in der amerikanischen Politik zu rechnen ist. 

Bei seiner Dankesrede in Chicago, unmittelbar nachdem Mitt Romney seine Niederlage akzeptiert hat, wurde der alte und neue Präsident deutlich, wohin die Reise in den nächsten vier Jahren gehen soll. Dabei gibt es außenpolitisch einige Punkte, die für uns Deutsche und für Gesamteuropa von elementarer Bedeutung sind. Zum einen ist da die Priorität Obamas für den pazifischen Raum, schon bei seinen nächsten Auslandsreisen in den nächsten Wochen wird er mehrere Länder in Südostasien besuchen und ebenfalls an der bald stattfindenden Südostasienkonferenz teilnehmen. 

Dies entspricht genau der neuen Gewichtung in der weltpolitischen Balance. Hier findet die große wirtschaftliche und politische Dynamik statt und hier will Obama präsent sein, um entscheidend mitzureden. Zum anderen wird es immer wichtiger, wie sich das Verhältnis zwischen Amerikanern und Chinesen entwickelt, da sich in China gerade ein Machtwechsel vollzieht, mit einem neuen Führungskader an der Spitze der allmächtigen Kommunistischen Partei. Es ist überhaupt nicht sicher, welchen Weg die chinesische Politik einschlagen wird, sowohl nach innen als auch nach außen. Da die Chinesen zurzeit größtenteils die amerikanischen Staatsanleihen finanzieren, will die Entwicklung Chinas aus amerikanischer Sicht genauestens beobachtet und begleitet sein, eine ganz wichtige Aufgabe für Obama.


Für uns Europäer hat eine weitere Aussage des Präsidenten ein noch viel größeres Gewicht als die pazifische Karte und doch muss man beide veränderten strategischen Ausrichtungen in einem engen Zusammenhang sehen. Obama hat angekündigt, er wolle sich weitgehend vom Öl des Nahen Ostens unabhängig machen. Die Folgen dieser Ankündigung werden den gesamten Bereich Arabiens und des Nahen und Mittleren Osten, aber auch Europa, ja die gesamte geostrategische Lage in der Welt verändern. Beginnen möchte ich aber erst einmal mit der binnenwirtschaftlichen Komponente dieser veränderten Denkstrategie für die Vereinigten Staaten. 

 Natürlich hat Obama diese Ankündigungen nicht ohne eine klare Perspektive gemacht. Dazu muss man wissen, dass die USA seit geraumer Zeit große Anstrengungen unternehmen neue Energiereserven in ihrem eigenen Land zu erschließen. Enorme Gasvorkommen werden mit Hilfe neuer Technologien, wie z.B. dem "wracking" einem komplizierten aber selbst in den USA nicht unumstrittenen Verfahren gefördert, so wie man gleichzeitig feststellen muss, dass die Industriequote, also die Neuansiedlung von industriellen Unternehmen im eigenen Land stetig zunimmt. 

 Einst hat man in großem Stil amerikanische Produktionsstätten ins Ausland verlagert, mit der Folge einer kontinentalen Verwüstung der Industrielandschaft, die eine Massenverarmung nach sich zog. Seit Obama an der Regierung ist, hat sich ein Wandel im industriellen Denken vollzogen, der Weg zur Möglichkeit weitgehend autark in der Energieversorgung zu werden , ist da nur ein logischer Schritt. Bei all diesen Aspekten halte ich es für völlig absurd den Status der Vereinigten Staaten als Supermacht abzuschreiben. Dieses sollten wir als Europäer neben der Tatsache unserer gemeinsamen Wurzeln nicht vergessen.

Was bedeutet nun aber diese Hinwendung zu dem eigenen Land geostrategisch für Europa und die nahöstliche Hemisphäre? 

 Bisher haben die Amerikaner alles unternommen, um ihren Einfluss in den Regionen Europas, Vorderasiens, Arabiens und im nördlichen Afrika geltend zu machen. Dies hat ursächlich mit den unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Strategien zu tun, die sich in Ost und West durchgesetzt haben und in die entsprechende Blockbildung mündete. Jahrzehntelang bildete nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges der Eiserne Vorhang die Demarkationslinie, an deren westlicher Seite es auch immer wieder „Swing-States“ gab, sowie z.B. Ägypten, Syrien, Algerien, auch innerhalb Afrikas und Südostasiens, als da sind Vietnam, Kambodscha und Laos und weltweit einige mehr. Politik allein hat dabei nie die einzige Rolle gespielt, es ging auch immer um Ressourcen. 

 In Arabien und im Nahen Osten waren dies bekanntermaßen die riesigen Öl- und Gasvorkommen, ohne die die amerikanische Wirtschaft sich nicht in dem Maße hätte entfalten können. Dazu war massiver, politischer und wenn das nicht ausreichte der militärische Eingriff notwendig, Kriege in Afghanistan, dem Irak und Kuweit belegen diese These. Mit der Veränderung der Interessenslage wird sich auch das Engagement in der Region verändern. Dies bietet anderen politischen Kräften die Chance hier verstärkt Fuß zu fassen. Dabei sehe ich den Einfluss der Russen und Chinesen als weniger beunruhigend an, denn beide wollen nicht die Strukturen in den Ländern verändern, sie wollen wie die Amerikaner früher, ihren immer größer werdenden Energiehunger stillen. Unberechenbar ist allerdings das Einbrechen der Fundamentalisten in die Staaten der Öl Region, dies ist ihr wichtigstes strategisches Ziel. Wenn ihnen das gelingt, werden sie reihenweise fallen, die superreichen Potentaten am Golf, denn ohne die Hilfe der Großmächte werden sie von ihren Thronen gestürzt.

Was machen wir Europäer dann mit dieser Bedrohung an unserer südöstlichen Flanke, denn nur ein Ignorant kann glauben, dass diese fundamentalistische Expansion auf diese Staaten beschränkt bleibt?

 Jetzt zeigt sich das ganze Ausmaß unseres europäischen Dilemmas. Würden wir in der Lage sein, eine geschlossene Einheit zu bilden, gleichgültig in welcher Konstellation, ob als Vereinigtes Europa oder wie General de Gaulle es bezeichnet hat, als Europa der Vaterländer, um klar strukturiert, eine gemeinsame Position einzunehmen, um damit einen eigenen weltweit gewichtigen Faktor darzustellen, dann sollte es im Einklang mit den Großmächten durchaus möglich sein, unsere vitalen Interessen so unmittelbar an unseren Grenzen zu schützen. Von alledem sind wir aber meilenweit entfernt. Wir wissen überhaupt noch nicht ob wir als Europäer es überhaupt schaffen werden, eine Einheit zu bilden.

 Wie auch, wenn mitnichten klar ist, wer zu diesem Europa dazu gehören soll. Nach Lage der Dinge sind die Aussichten nicht erbaulich, und es wäre doch so wichtig zu unserer aller Existenzsicherung. Keiner kann uns garantieren, dass nach dem Scheitern der europäischen Idee, wir wenigstens noch als Disneyland für Inder, Chinesen, Brasilianer und sonst aller möglichen aufstrebenden Wirtschaftsnationen taugen. Uns muss klar sein, die Zeit rennt uns davon. Bisher war alles nur ein theoretisches Spiel, mit dem Wandel der amerikanischen Doktrin wird es ernst, bitterer Ernst.

 Nach dem Flug durch die globale außenpolitische Thematik nun zum Schluss noch ein erfrischender Blick auf eine parteipolitische Entscheidung vom letzten Freitag, als die Grünen ihre Führungskandidaten für den Bundestagswahlkampf 2013 bekannt gegeben haben. Hier sollte demonstriert werden, dass die strickenden Gründungsväter und emanzipierten Politmütter nichts an basispolitischer Frische verloren haben, ganz im Gegenteil, dass sie schwächelnden Politkindern in Form von Piratenverkleidung immer noch vormachen können, wie real existierende Demokratie wirklich funktioniert. 

 Zweidrittel der sechszigtausend Mitglieder der Grünen haben sich an dieser Wahl beteiligt und nach mehreren Regionalvorstellungen der Kandidaten ihre Entscheidung gefällt. Im Gegensatz zu allen anderen Parteien im Bundestag treten die Grünen in der Führungsposition als Tandem auf, vielleicht hätte sich die SPD besser ein Beispiel daran nehmen sollen und wäre gleich geschlossen als das bekannte Trio in die Wahlschlacht gezogen, Steinbrück wären bestimmt einige Enthüllungen erspart geblieben. Zurück zu den Grünen, Bewerber gab es genug für diese beiden Spitzenpositionen, denn neben altbewerten Kräften haben sich auch noch einige Politclowns gemeldet, durchaus erfrischend und gut fürs Image, damit man den Unterschied zu den Konservativen erkennt. Trittin schien gesetzt und wurde auch so mit den meisten Stimmen bestätigt. 

 Spannend war der weibliche Part in diesem Führungsduo. Natürlich war Claudia Roth überzeugt, sie werde die Dame an Jürgen Trittins Seite sein, Frau Roth ist von allem überzeugt, was sie propagiert und dies nicht immer zur Freude der Beobachter. Dies müssen auch viele Parteimitglieder anders gesehen haben, denn mit 25% aller Stimmen hat sie nur den vierten Rang erreicht. Dritte wurde Frau Künast, aber eindeutig zur zweiten Doppelspitze wurde Frau Göring–Eckardt gewählt, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und engagierte Protestantin, für meine Begriffe eine gute Wahl. Mit diesen beiden Personen werden die Grünen sowohl bei der CDU als auch bei der SPD ordentlich abgrasen. Für Claudia Roth allerdings war es ein Desaster, weil sie bei dieser geringen Zustimmung sich fragen muss, ob sie am kommenden Wochenende überhaupt noch eine Chance hat für den gemeinsamen Parteivorsitz wiedergewählt zu werden. Zugegeben ich würde sie vermissen. Über Jahre hinaus eine fast unerträgliche Nervensäge, hat man sich im Laufe der Zeit mit ihrem Stil des Auftretens arrangiert, mit ihrer Argumentation habe ich allerdings auch heute noch so meine Schwierigkeiten. Nichts desto trotz, sie konnte einem schon ans Herz wachsen, die Grünen sollten sich genau überlegen, ob sie diesen bunten Vogel aufs Altenteil schicken. 

Peter J. König

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