Samstagskolumne Peter J. König 06.10.2012

Hurra, der Herausforderer ist da!

Es war eine schwere und zeitintensive Geburt, aber jetzt haben sie es endlich geschafft. Die SPD hat ihren Kanzlerkandidaten für die nächste Bundestagswahl im Jahre 2013 gekürt. Es war auch allerhöchste Zeit, denn noch einige Wochen länger und es hätte uns allen den letzten Nerv geraubt und für den Kandidaten sicher einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Amtsinhaberin Angela Merkel bedeutet. Peer Steinbrück heißt der Auserkorene, der die Neoliberalen und Bankenschützer vom Thron verjagen soll. 

Der Beliebigkeit der Kanzlerin in politischen Aussagen will er nun wieder das Primat der Politik als oberste Maxime gegenüberstellen, soll heißen, durch ihn werden demnächst nicht mehr die Politiker den Vorgaben der Banker hinterherlaufen, nein die Regierung wird sagen, wo es lang geht. Wie es Steinbrücks Art ist, hat er keinen Zweifel daran gelassen, so seine ersten Auftritte, dass an dieser Tatsache kein Weg daran vorbeiführt, wenn er erst einmal Kanzler der Bundesrepublik ist. Unterstützung für seine Kandidatur erhielt Steinbrück von der wohl glaubwürdigsten Instanz in unserem Land, denn Helmut Schmidt wies die Seinen daraufhin:“ Der kann Kanzler“ und die quälende Hängepartie hatte endlich ein Ende, schon dafür sind wir dem Altkanzler dankbar. 


Die beiden anderen Aspiranten brauchen sich derweil nicht krämen, sie sind ja schon mit den wichtigsten Parteiämtern versorgt, die die SPD zu vergeben hat. Dies zeigt, dass unser aller liebster Kanzler nicht nur vertrauenswürdig und weise ist, er zeigt auch eine große Weitsicht, denn nur so besteht vielleicht die Möglichkeit, die immer herbeigeschworene Einigkeit in der Partei zu erlangen, ein Risikomoment, das die SPD in jedem Bundestagswahlkampf fürchtet. Mit Steinbrück ist jedenfalls ein erster wichtiger Schritt der Opposition vollzogen, wir Wähler wissen zumindest mit welchen Protagonisten wir es demnächst bei den Wahlkampf Inszenierungen zu tun haben werden. Zudem soll es auch einmal heiter und ironisch auf Seiten des Herausforderers zugehen, wie er betont.

 Da bin ich doch eher skeptisch,“quod erat demonstantum“, was frei und witzelnd die Frage aufwirft, geht so etwas überhaupt, wenn man sich Steinbrücks Physionomie und seinen Sprachstil anschaut? Die politischen Inhalte sind bislang noch nicht so eindeutig in den Vordergrund gerückt, bis auf die oben erwähnte Forderung des Führungsanspruchs der Politik gegenüber der internationalen Banken- und Finanzwelt. Unzweifelhaft ist der SPD-Kandidat ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, für die momentane weltweite Krisensituation eine nicht zu unterschätzende Befähigung, da er ja auch schon einmal Bundesfinanzminister unter Angela Merkel in einer großen Koalition war, bestimmt ein weiterer reizvoller Aspekt im kommenden Wahlkampf. 

Sehr gespannt bin ich darauf, wie weit die gemeinsamen, früheren Thesen heute noch Gültigkeit besitzen, oder ob man sich frei nach Adenauer nicht mehr um das Geschwätz früherer Jahre kümmert. Interessant ist es jetzt schon, wenn die Bundeskanzlerin über die Institution EU-Rat ihrem Herausforderer den Wind aus den Segel nimmt, wenn dort quasi die gleichen Forderungen gestellt werden, wie Steinbrück sie in seinem Thesenpapier im Zuge seiner Nominierung vorgestellt hat. Diese Vorgehensweise bestätigt ganz die Aussagen von Frau Professor Gertrud Höhler in ihrem neuesten Buch „Die Patin“, wo sie darlegt wie Angela Merkel die Kernaussagen ihrer politischen Gegner aufnimmt, um sie zu ihren eigenen zu machen, ein unbedingtes Instrument für ihren Machterhalt. 

Bis zur Entscheidung zwischen den beiden Kandidaten wird noch knapp ein Jahr ins Land gehen. Wir werden noch mit vielen schönen Versprechungen überhäuft werden, rosige Aussagen werden den Souverän umhüllen, er soll ja wenigstens für diesen einen Tag das Gefühl haben, er sei derjenige der in unserem Land das Sagen hat. Alle vier Jahre das Gleiche, nur glauben immer weniger Menschen daran, wie die Wahlbeteiligung  zeigt. Gott sei Dank haben wir die Demoskopie. Ohne sie wären sowohl die Politik als auch der Wähler verloren, denn wer würde uns ansonsten über unser eigenes Wahlverhalten aufklären, wer würde uns ansonsten schon im Vorfeld mitteilen wer die Wahl gewinnt und wer würde uns jetzt unmittelbar nach Antritt von Peer Steinbrück zeigen, dass die Kanzlerin einen ernst zu nehmenden Kontrahenten erwartet, sichtbar gemacht durch die Beliebtheitsskala der Bundespolitiker, auf der Steinbrück sich anschickt, bisher weit abgeschlagen, zügig auf Frau Merkel aufzuholen. 


Dies alles besagt aber überhaupt nichts. Bekanntermaßen ist jede Prognose Makulatur, wenn die Rahmenbedingungen sich abrupt ändern. Angela Merkel ist mit Abstand zur Zeit die beliebteste Politikerin in Deutschland, in Griechenland nicht, wie wir am nächsten Dienstag in Athen sehen werden, wenn sie den Griechen, oder sagen wir besser der griechischen Regierung ihre Aufwartung machen wird. Hier liegt schon einer der Fallstricke der amtierenden deutschen Regierung, denn das Problem Griechenland speziell und die Verschuldungskrise in den einzelnen Euro-Ländern sind noch nicht einmal im Ansatz gelöst. Dazu gesellt sich nun auch noch die Wirtschaftskrise, von der wir bisher als fast einziges Land in Europa verschont geblieben sind, nun rollt sie aber auf uns zu, nicht so tiefgreifend wie uns die Prognostiker weismachen wollen, aber solche Aussagen kennen wir schon aus dem Jahre 2008, als die Bankenkrise uns vermeintlich auch nichts anhaben konnte, nach Aussage der Wirtschaftsexperten. Die Realität hat uns dann eines Besseren belehrt.

Hier nun schließt sich wieder der Kreis, denn damals sahen wir die heutigen Rivalen einträchtig nebeneinander stehen, in dem Versprechen: unsere Sparguthaben sind sicher. So friedlich wird es dieses Mal nicht zugehen, das ist klar. Fakt ist, dass je weniger die jetzige Regierung in der Lage ist einen erkennbaren Ausweg aus der EURO-Schuldenkrise aufzuzeigen, umso größer sind die Chancen für die Opposition. Dabei steht die Zügelung der maßlosen Gier aus dem Finanzsektor an entscheidender Stelle. Wem es hier gelingt neue Maßstäbe und neue Regeln zu setzen, dem gehört auch die politische Zukunft.

Keine Bedeutung für den Ausgang der Wahl hat dagegen die Ansicht der Parteien in Hinsicht auf die außenpolitische Einschätzung des Syrien-Konfliktes. Hier sind die Volksparteien einer Meinung und das ist gut und wichtig. Dass der Bürgerkrieg in Syrien hochexplosiv ist, darauf habe ich schon des Öfteren hingewiesen. Seit einigen Tagen wird diese These bestätigt, denn mit dem Beschuss türkischen Territoriums durch syrische Truppen und der Erwiderung der Artillerie aus der Türkei steht der Nahe Osten unmittelbar vor einem Flächenbrand. Mit wenigen Fakten will ich die Gefährlichkeit der Lage skizzieren.

Mit Syrien und der Türkei stehen sich weltpolitisch zwei Machtblöcke gegenüber. 

Die Türkei ist Natomitglied, hier gilt wenn es darauf ankommt der Bündnisfall, also der Beistandspakt. Syrien wird massiv unterstützt von Russland und hauptsächlich dem Iran, folglich prallen hier geostrategische Interessen aufeinander. Es geht um Einfluss und immer wieder um Energiereserven. Für die Türkei ist der Konflikt aber besonders heikel, da sie 80% ihres Öls aus Russland und dem Iran beziehen. Im Falle eines ernsthaften Konflikts müssten sie mit einem Ölstopp aus  beiden Lieferländern rechnen, ein Debakel für die türkische Wirtschaft und die Menschen. Zudem würde der Kurdenkonflikt wieder auflodern, eine Kriegsbedrohung für den gesamten Nahen Osten, einschließlich Israels, die im Falle einer Okkupation einen atomaren Einsatz nicht scheuen würden. 

Bei Ansicht dieser Gefahren ist es dringend geboten, dass jetzt die Mächte im Sicherheitsrat eine vernünftige Lösung für diesen Konflikt, aber auch für die gesamte Region zustande bringen. Die Möglichkeit einer weltweiten Gefährdung ist einfach zu groß. Zum Glück sind sich die Parteien im Bundestag bei der Einschätzung der Gefährlichkeit der Lage in den Ländern am südöstlichen Ende von Europa einig. Hier werden wir im heraufziehenden Wahlkampf wohl keine unterschiedlichen Parolen hören. Dafür wird es auf allen anderen Politikfeldern umso heftiger zur Sache gehen, dass garantiert schon die Personalie Steinbrück. Seine Scharfzüngigkeit hat ja schon des Öfteren Unverständnis aufkommen lassen, als er z.B. die Schweiz mit der Geschichte der amerikanischen Kavallerie bekannt machte, obwohl deren Gebirgsjäger nur Maultiere in ihren Einheiten kennen. Was aber haben wir erst zu erwarten, wenn es bei Herrn Steinbrück verbal lustig zugeht? 

 Peter J. König

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