Samstagskolumne Peter J. König 04.05.2012

"Adieu mon president" und Ausblick auf andere wichtige Wahlentscheidungen.

Das wird es wohl gewesen sein, mit der Ära Sarkozy  als "Monsieur le President de la Republique francaise", denn bei der morgigen Stichwahl zwischen dem Amtsinhaber und seinem Herausforderer hat Hollande mittlerweile einen prognostizierten Vorsprung  von 6% an Wählerstimmen, nachdem  der Kandidat der Liberalen eine Wahlempfehlung für  ihn  an seine Wähler abgegeben hat.  Zudem ist das Fernsehduell  am letzten Mittwochabend nicht so verlaufen, wie die meisten politischen Beobachter  es erwartet hätten.

Sarkozy, als glänzender Redner bekannt, wurde zugetraut , den mäßigen Vorsprung, den sein Herausforderer  bis dahin sich erarbeitet hatte, auf der großen  Bühne des Fernsehens noch wett machen zu können, ja sogar durch diese Veranstaltung im Endspurt noch einmal die Nase vorne zu haben. Dafür ist er bekannt, wenn es an das ganz große Schauspiel geht, dann läuft der kleine Franzose mit den ungarischen Wurzeln zur Höchstform auf. Zudem hatte er als amtierender Präsident oft die  Möglichkeit ,  mit allem Pomp und Pathos,  den ersten Mann der "Grande Nation" zu geben, und das hat er wahrlich nicht schlecht gemacht. Dies war die Taktik von Sarkozy, er wollte den Sozialisten mit dem Habitus eines unbezwingbaren Herrschers beeindrucken, der französische Wähler sollte sehen, dass nur er der Geeignetste  für das höchste Amt im Staate ist.

Damit hatte er aber sein Gegenüber Hollande  maßgeblich unterschätzt, denn nach anfänglichen Unsicherheiten war dieser gar nicht mehr beeindruckt, ganz im Gegenteil, denn nun wurde er seiner Rolle als Herausforderer gerecht und attackierte seinerseits die Politik des Amtsinhaber, was diesen wiederum in Rage geraten ließ, ein erstes Zeichen der Verunsicherung. In der dreistündigen Fernsehschlacht schenkten  die beiden Kontrahenten sich nichts, es war ein Rededuell auf Augenhöhe mit dem etwas besseren Ende für Hollande,  da man ihm ein solches "Standing" nicht zugetraut hatte.

Auch nach diesem Fernsehauftritt sahen die Wahlforscher einen gewissen Vorsprung für den Kandidaten der Sozialistischen Partei, ein Ziel, das dieser unbedingt erreichen wollte, da er dadurch seine Favoritenrolle bis zum Wahltag am morgigen Sonntag weiter inne haben konnte, für ihn eine optimale Ausgangsbasis. Überraschenderweise kam jetzt noch die Wahlempfehlung aus dem liberalen Lager, unzweifelhaft die gravierende Vorentscheidung. Sollte morgen Abend der neue Präsident der alte sein, wäre es  für Sarkozy quasi wundersam, oder die Franzosen müssten über Nacht mehrheitlich ihre Meinung geändert haben, aber daran glaubt  in Frankreich niemand.  Also "Au Revoir  Monsieur et Madame  Sarkozy", zum Abschied möchte ich Ihnen noch sagen, dass ich immer beeindruckt war, wenn sie ihren Auftritt auf der großen politischen  oder privaten Bühne hatten, ob alleine oder zu zweit, "Chapeau", dieses macht Ihnen so schnell keiner nach, eine wirklich gelungene " Sarko-Show". 

Ab nächsten Montag beginnt dann eine neue, eine ganz andere Show. Wie diese aussehen wird, kann man schon schemenhaft erahnen. Hollande wird vieles in Frage stellen und Küsschen wird es für Frau Merkel erst einmal nicht mehr geben. Eins ist jedoch gewiss, die enge Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern wird bleiben, die Achse Paris-Berlin wird sich als stabil erweisen, schon durch die Tatsache, dass beide Völker den Kern Europas bilden, und aufeinander angewiesen sind, um eine positive Zukunft auf dem alten Kontinent zu gewährleisten.  Aber das Entscheidende ist, dass sich die beiden Völker in den letzten Jahrzehnten lieb gewonnen haben, mehr als die Politiker beider Länder uns gelegentlich zeigen können. Dies alleine ist der Umstand der wirklich zählt. Über meine persönliche Präferenz für dieses Land und seine liebenswerten Menschen brauche ich mich hier nicht besonders zu äußern.
Neben der Präsidentenwahl in Frankreich stehen am morgigen Sonntag aber noch weitere wichtige Wahlen in Europa, aber auch im heimischen Schleswig-Holstein an. Blicken wir zunächst nach Griechenland, dort wird ein neues Parlament gewählt, nachdem die kurzfristige Einheitsregierung, gebildet aus allen großen Parteien, und zum Zweck des Durchpeitschens des von der EU geforderten Sparpaketes, das die Voraussetzung  für weitere Milliardenkredite war, nun zum verabredeten Ende kommt und Neuwahlen Platz macht. Hierbei geht es ziemlich turbulent zu, wie man hört, alle erdenklichen Gruppierungen bewerben sich um die Gunst der Wähler, besonders viele extreme, radikale Politideen, vorgetragen von zwielichtigen Vertretern, zeigen unter welcher Zerrissenheit das Land momentan leidet. Das beginnt bei Eurogegnern, die sofort, sowohl die Europäische Union, als auch den Währungsverbund verlassen wollen, weg von Brüssel und Straßburg, zurück zur Drachme, ohne Bevormundung von außen, bis hin zu einer  naziähnlichen Vereinigung, die sich nicht scheut, als billiges Abziehbild, sowohl sprachlich, als auch in ihrem Erscheinungsbild marktschreierisch sich in Szene zu setzen. Dies kann den meisten Griechen nicht gefallen, zu frisch sind die Erinnerungen der Alten noch, was die Deutschen ihnen während des Zweiten Weltkrieges angetan haben.
Heute ist die Lage noch sehr undurchsichtig, es wird vermutet, dass mehr als 40% aller Wähler sich für diese extremen Parteien entscheiden werden, ein Bild der Verzweiflung,  und nicht unbedingt  ein positives  Zeichen für die Erneuerung und die Festigung des griechischen Staates. Da  hilft es auch nicht, dass eine Ratingagentur  ihre Bewertung für Griechenland um eine Stufe höher gesetzt hat, ein zu durchsichtiges Zeichen von Bedeutungslosigkeit, da das Land sich ja überhaupt nicht am internationalen Kapitalmarkt versorgt. Die Lage ist für die Griechen weiterhin sehr dramatisch, zumal immer mehr illegale Einwanderer das Land überschwemmen, ganze Stadtteile von Athen sind schon in ihrer Hand. Auch dieser Umstand wird dazu beitragen, dass radikale nationalistische Gruppierungen starken Zulauf bekommt, ein schlimmer Zustand. Die morgigen Wahlen werden zeigen,  welchen Weg Griechenland geht, ein wirklich zielweisendes Ereignis.
In Schleswig-Holstein ist immer noch nicht eindeutig klar, wer das Rennen machen wird. Dem Spitzenmann der SPD Torsten Albig  werden zwar die größeren  Chancen eingeräumt, aber sicher ist da noch nichts, außer  dass seine Möglichkeiten zu einer Koalitionsbildung als besser eingeschätzt werden. Grüne und Piraten wetteifern um den Platz der drittstärksten Fraktion, für die Grünen das Ende einer Hochphase, das Ende von Claudia Roths himmelstürmenden Blütenträume. Ich freue mich schon auf ihre Mimik der Zerknirschtheit, ein wahrlich gelungenes Trauerspiel. Kubicki hat zum Sprung über die 5% Hürde angesetzt und wird wohl sicher auf der erfolgreichen Seite landen. Wie aus Nordrhein-Westfalen zu hören ist, sehen die Prognosen Lindner und seine F.D.P.- Mannschaft eine Woche vor der dortigen Landtagswahl bei 6%, auch eine Basis für einen gelungenen Hürdensprung. Wenn beide Wahlen erfolgreich bestritten sind, dann empfehle ich beiden Politikern den raschen Sprung nach Berlin, ausmisten ist angesagt, dazu bitte ich meine Kolumne von der letzten Woche zu lesen.
Zum Schluss komme ich nicht umhin noch etwas zu den Ereignissen in der Ukraine zu sagen. Natürlich ist es fatal, dass die Fußball-Europameisterschaft unter einer solchen Regierung stattfindet, die die Menschenrechte mit  Füssen tritt, die nicht nur Frau Timoschenko, als ehemalige Regierungschefin verfolgt und ins Gefängnis sperrt und ihr ihre humanitären Rechte vorenthält, sondern dieses ebenso bei den meisten ehemaligen Regierungsmitgliedern  und vielen anderen Oppositionellen genauso handhabt.

Die Ukraine ist verkommen zu einem Unrechtsstaat, von Rechtsstaatlichkeit keine Spur mehr, obwohl alles nach der orangenen Revolution so hoffnungsvoll aussah. Aus diesem Grund hatte man auch die Europameisterschaft an die Ukraine mit vergeben, es sollte dem Land internationale Anerkennung bringen,  den demokratischen Aufbruch fördern, und jetzt dieser politische Absturz in  die Diktatur. Die Menschen vor Ort sind die eigentlich Leidtragenden, ihnen muss geholfen werden, aber mit den angemessenen Mitteln. Ein Boykott ist hier  fehl am Platz, es würde die Situation nicht ändern, es würde nur die Menschen treffen, die sich so sehr auf die Fußballspiele gefreut haben, ja sie würden sich im Stich gelassen fühlen von ihren europäischen Nachbarn, das kann es nicht sein.
Hier müssen andere Maßnahmen her, sei es durch die Außenpolitik, durch die Wirtschaft oder durch permanente, verstärkte Medienpräsenz.  Der ukrainischen Regierung muss klar gemacht werden, dass sie ihr letztes Renommee verspielt, ihre Möglichkeit zur Anbindung an Europa in weite Ferne rückt und finanziell durch die EU überhaupt nichts mehr läuft. Natürlich spielt die Nähe zu Russland eine wichtige Rolle, denn  immerhin ist der jetzige Machthaber ein Vasall von Putins Gnaden, und der will diesen Satellitenstaat nicht auch noch an den Westen verlieren. Die Menschen müssen darunter leiden, denn dies alles verbessert ihre Situation überhaupt nicht.
Die Ukraine ist ein durch den Kommunismus herunter gekommenes Land, mit wunderbaren Menschen, die es nicht verdient haben, in solch unwürdigen Verhältnissen zu leben, dass sich junge Mädchen in Westeuropa und am Persischen Golf   prosituieren müssen, oder noch schlimmer mit ihnen Menschenhandel getrieben wird. Also auf zur Europameisterschaft in die Ukraine, das kritische Gespräch mit den Regierungsvertretern gesucht, die Opposition verstärkt nach Europa eingeladen und den Menschen vor Ort gezeigt, dass sie nicht alleine sind.
Sport war schon immer eine gute Möglichkeit einen politischen Wandel einzuleiten. Der Hungerstreik von Frau Timoschenko hat Wirkung gezeigt, ihre Resonanz in der EU hat dazu geführt, dass sie von einem gemeinsamen ukrainisch-deutschen Ärzteteam unter der Leitung des medizinischen Direktors der Berliner Charité nächste Woche professionell behandelt wird, vielleicht ein erster kleiner Schritt für das Land, aber bestimmt eine Erlösung von großen Schmerzen für Frau Timoschenko.  
Peter J. König


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